Gruiten hat einen neuen Pastor

Für zweieinhalb Jahre wird Prof. Dr. Kurt Erlemann die Pfarrstelle in der Gemeinde leiten.

Von Susanne Schaper
Gruiten – Seit dem 1. März ist Prof. Dr. Kurt Erlemann in der evangelisch-reformierten Gemeinde tätig, offiziell wurde er am 17. März in sein Amt eingeführt. Er wurde 1958 in Freiburg geboren, studierte in München, Zürich sowie Heidelberg Theologie und schrieb im Anschluss seine Doktorarbeit.
Ende der 1980er Jahre durchlief Erlemann das Vikariat, also den praktischen Teil der Theologie, in Bruchsal und habilitierte in Heidelberg. Er hat Erfahrungen im Schulpfarramt und als Lehrer in einer internationalen Gesamtschule.
Seit 1996 unterrichtet Prof. Dr. Kurt Erlemann Theologie in Wuppertal und hat in dieser Zeit auch immer wieder Gottesdienste durchgeführt. Seine Stelle an der Uni läuft zum 31. Juli aus. Das Presbyterium der Gemeinde Gruiten-Schöller war sich einig, dass Erlemann der richtige Kandidat für die vakante Pfarrstelle ist.
Und auch für Erlemann passte die Stelle sofort. Er hatte schon vor einiger Zeit bekundet, dass er nach seiner Universitätszeit gern als Pastor arbeiten würde. Derzeit ist Erlemann für acht Stunden in der Woche in der Gemeinde tätig, ab dem 1. August wird er die Stelle für zwei bis zweieinhalb Jahre zu 75 Prozent ausfüllen.
Es ist ihm wichtig zu betonen, dass er und seine Frau sich von Anfang an sehr herzlich willkommen gefühlt haben in der Gemeinde.
Haaner-Treff-Redakteurin Susanne Schaper unterhielt sich mit Prof. Dr. Erlemann über seine Herzensanliegen für die neue Stelle in der Gemeinde.
Haaner Treff (HT): Wie lautet die korrekte Anrede für Sie? Herr Professor Erlemann oder Herr Pastor Erlemann?
Kurt Erlemann (KE): Herr Pastor ist die richtige Bezeichnung. Aber wenn die Leute sagen „Herr Erlemann“ bin ich voll und ganz einverstanden. Ich mag es nicht so kompliziert. Professor ist eine Berufsbezeichnung und gehört an die Uni. In der Gemeinde baut das eher Hürden auf.
HT: Bislang haben Sie vor Studierenden gesprochen, jetzt sprechen Sie vor einer Gemeinde. Wo ist der Unterschied?
KE: Vom Alter her ist das Publikum durchmischter und hat eine andere Erwartungshaltung. Wir haben in der Gemeinde keine Geschäftsbeziehung wie an der Uni, wo die Leute ihre Leistungspunkte sammeln müssen und das die hauptsächliche Motivation ist, zu kommen. In die Kirche kommen die Leute freiwillig, sie wollen etwas anderes hören als Lehrinhalte.
HT: Was wollen die Leute hören?
KE: Die Leute möchte etwas mitnehmen für ihren Alltag, etwas, das sie aufbaut, das sie bestärkt, das ihr Leben ein bisschen leichter macht. Sie sollten fröhlicher aus der Kirche rausgehen als sie reingegangen sind.
HT: Wo liegen Ihre thematischen Schwerpunkte. Worüber werden Sie auf der Kanzel sprechen?
KE: Ich bemühe mich, den Kern des Glaubens, die frohe Botschaft, das heißt das Evangelium, zum Hauptgegenstand zu machen. Das wird sich je nach Predigttext anders darstellen. Der Anspruch ist, dass ich den Kern, was heißt, frohe Botschaft, das, was mir das Leben leicht macht, die Verheißung, die über meinem Leben steht, Zuspruch der Vergebung, all dieses, dass ich das übermittle. Das alles in einer Sprache, die die Menschen verstehen, auch wenn sie nicht von Klein auf im Kindergottesdienst oder in der Familie religiös sozialisiert worden sind. Dem Volk auf’s Maul schauen, hat schon Luther gesagt. Den Brückenschlag von der Theologie oder der Bibel in die Alltagswelt der Menschen zu machen, ist mein Hauptanliegen.
HT: Also die Frohe Botschaft als Ansatz vermitteln, in einer unsicheren Zeit mit all den Katastrophen, den Kriegen und Ängsten.
KE: Ja. In diesen Zeiten möchte ich eine Perspektive eröffnen, dass wir uns trotz all der Krisen aufgehoben fühlen dürfen bei diesem Gott, der über den Dingen schwebt und der dem Noah irgendwann einen Regenbogen in die Wolken gesetzt hat als Zeichen der Verheißung, dass Gott trotz all der Katastrophen zu seinen Menschen steht. Wir dürfen uns gehalten fühlen. Das wäre meine Message.
HT: Werden Sie in Ihrer Predigt auf das eingehen, was gerade passiert ist?
KE: Wenn es die Menschen umtreibt, werde ich darauf eingehen. Im besten Sinne ein theologisches Krisenmanagement betreiben. Wenn es zum Beispiel so einen Anschlag geben würde wie kürzlich an einer Wuppertaler Schule, werde ich versuchen, das aufzufangen.
HT: Das beschäftigt die Menschen ja die ganze Woche. Wenn sie dann in der Kirche ein bisschen Beruhigung bekommen, hilft das im Alltag.
KE: Ja. Das ist mein Anliegen, zur Zuversicht und zur inneren Gelassenheit beizutragen.
HT: Wenn Sie hier in der Gemeinde tätig sind, machen Sie ausschließlich den Gottesdienst oder auch Gemeindearbeit?
KE: Ich habe drei Säulen meiner Arbeit: Das eine sind Amtshandlungen, sprich Gottesdienste, Taufen, Trauungen, Beerdigungen. Das zweite ist Seelsorge. Da werde ich Menschen besuchen, zum Beispiel Senioren, die einsam sind oder auch Menschen, die gerade jemanden verloren haben. Und das dritte ist Gemeindeaufbau. Wo kann die Reise hingehen für die Kirchengemeinde Gruiten-Schöller über das Alltagsgeschäft hinaus.
HT: Was möchten Sie für die Gemeinde erreichen?
KE: Ich lerne täglich dazu und schaue, was ist der Bedarf. Ich denke, Gemeinde sollte wieder sichtbarer werden als ein Faktor in der Gesellschaft, der dazu beiträgt, das Gemeinschaftsleben zu fördern. Zum Beispiel durch Angebote der Weiterbildung oder ein Gemeindefest. Ich möchte den Menschen vermitteln, kirchliche Gemeinschaft ist etwas, was das Leben bereichern kann.Vielleicht auch, indem man aktuelle Geschehnisse aufgreift in einer außerordentlichen Veranstaltung wie einer Andacht. Ich möchte die Hürden für die Menschen abbauen. Vielleicht andere Gottesdienstzeiten, alternative Gottesdienstorte, zusätzliche Gottesdienstformate. Ich plane auch eine SMS-Aktion, die die Menschen morgens mit einem aufmunternden Zwei- oder Vierzeiler beglückt als positiver Auftakt in den Tag.
HT: Können Sie sich auch vorstellen, ökumenisch zu arbeiten?
KE: Klar. Kirche lebt heute auch davon, dass es ökumenisch passt. Da werde ich mich mit den katholischen Kollegen besprechen.
HT: Vielen Dank für das Gespräch.