Junge Haaner begeistern sich für alte Musik

Kulturverein vergibt Stipendien zur Förderung von Alter Musik bei jungen Musikern.

Haan – Ein dünnes Rohrblatt liegt in einem kleinen Wassergefäß in einer Haaner Wohnung. Was so unscheinbar aussieht, ist das wichtigste Bauteil eines Instruments.
„Das Doppelrohrblatt bestimmt den Klang des Dulzians maßgeblich. Er wird dadurch schnarrend und scharf oder dunkel und weich – und ein schlecht ausgewähltes Blatt kann die Intonation negativ beeinflussen“, weiß Zoé Helluy. Die 14-jährige erklärt, dass der Dulzian ein Vorläuferinstrument des modernen Fagotts ist. „Quasi dessen Uropa“, schmunzelt Helluy.

Im Unterschied zu seinem modernen Pendant wird der Dulzian aus einem einzigen Stück Holz gefertigt und hat nur wenige Klappen. „Im Vergleich zum Fagott ist der Klang für heutige Hörer eher scharf, damalige Zeitgenossen beschreiben ihn als süßlich“. Daher auch der Name, der vom lateinischen „dulcis“ – „süß“ herrührt, erklärt die Haaner Schülerin.
Im 17. Jahrhundert war der Dulzian sehr verbreitet. „Das Instrument wurde oft in Stimmwerken gespielt“, also in Alt-, Tenor- und Basslage. „Der Bassdulzian hat in Form des Fagotts als einziges bis in die heutige Zeit überlebt“ erläutert die junge Musikerin. Sie selbst spielt aktuell vor allem den kleineren Bruder, den Tenordulzian.
Ihre Begeisterung für die Alte Musik hat sie über die Blockflöten zu den sogenannten Doppelrohrblattinstrumenten geführt, zu denen auch die Familie der Dulziane gehört. Das Erlernen des Instruments wurde ihr vom gemeinnützigen Haaner Kulturverein „eurydike e.V.“ ermöglicht, der seit 2022 jährlich Stipendien an junge Musiker vergibt.
„Wir wollen damit die alte Musik wieder in die Breite tragen und auch Jugendlichen das Erlernen historischer Instrumente ermöglichen“, sagt Jenny Heilig (29), die Vorsitzende des Vereins und selbst Musikerin auf historischen Instrumenten.
Nach zwei erfolgreichen Jahren geht das Stipendienprogramm nun in die dritte Runde. Den Stipendiaten wird dabei entweder ein Instrument ausgeliehen oder – wie im Fall von Helluy – die Unterrichtskosten erstattet.
Sie spielen dann im „duck&goose consort“ mit, einem Jugendensemble für alte Musik und historischen Tanz aus Haan. Mit seinen 15 regelmäßigen Mitgliedern auf historischen Instrumenten wie Zink, Barockposaune, Gambe und Dulzianen ist es in dieser Form als Jugendensemble einmalig.
„Die wöchentlichen Proben sind das Highlight meiner Woche“, unterstreicht Helluy die Wichtigkeit dieses Teils des Programms. „Besonders gefällt mir, dass wir viele Veranstaltungen wie zum Beispiel Bälle und Kurse veranstalten, die wir selbst planen und durchführen dürfen.“
Jenny Heilig betont, wie wichtig es dem Team ist, dass die Jugendlichen ihre eigenen Ideen einbringen können: „Das stärkt die Identifikation mit der Gruppe, der Musik und dem eigenen Instrument.“
Auch Folgebewerbungen für das Stipendium sind möglich: „Ich bewerbe mich jetzt zum dritten Mal, weil mir der Unterricht ermöglicht, mir immer mehr praktische und theoretische Fähigkeiten anzueignen, die ich im Ensemble einbringen kann“, sagt Helluy.
Ganz so einfach ist das aber nicht, wie Heilig erklärt: „Alle Bewerber müssen bei einem Folgestipendium vorspielen, um uns zu zeigen, dass sie Fortschritte gemacht haben.“
Natürlich begleitet das Team des Vereins diesen Prozess, indem beispielsweise die regelmäßigen Übungszeiten dokumentiert werden: „90 Minuten die Woche sind das Minimum“, betont Heilig. Der Verein ruft dazu auf, sich durch Spenden an dem privat finanzierten Programm zu beteiligen, oder wie Jenny Heilig sagt: „Sie spenden – die Jugendlichen üben!“.
Zoé Helluy bereitet sich indes auf das anstehende Vorspiel vor. Ihr Rohrblatt ist eingeweicht und sie übt weiter die Musik fast vergessener Komponisten wie Thomas Morley oder Bartolomeo de Selma: „Mich fasziniert vor allem, dass ich mein historisches und musiktheoretisches Wissen erweitern und dieses dann auch direkt an der Alten Musik anwenden kann“, sagt sie begeistert, bevor sich der Raum mit sonoren Klängen füllt.
Und die Mühen haben sich gelohnt. Aber nicht nur für Zoé. Neben ihr erhielten mit Matilda Kaufhold (12, Barockvioline), Theo Kisseler (10, Cembalo, Orgel), Constanze Dargel (14, Barocktrompete), Sarah Bickenbach (14, Schalmei und Lena Regul (18, Barock-Altposaune) weitere talentierte junge Haanerinnen und Haaner ein Stipendium des Vereins.
Weitere Informationen über den Verein und das Stipendienprogramm finden Sie unter: www.eurydike-kultur.de