Diese Hunde sind unverzichtbar

Im Rathaus haben die Besitzer von 
Assistenzhunden für mehr Akzeptanz geworben.

Von Susanne Schaper
Haan – Auch wenn Border Collie Mic mit seinem weichen braun-weißen Fell auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Familienhund wirkt – er ist an diesem Tag im Rathaus bei der Arbeit. Der zweieinhalbjährige Rüde begleitet Nicole Labahn zum Termin im Rathaus. Er lässt sie keine Sekunde aus den Augen und passt genau auf, ob seine Besitzern ihr Verhalten ändert.
Mic ist ein Assistenzhund in Ausbildung. Die dauert drei Jahre. Nicole Labahn leidet seit vielen Jahren an einer posttraumatischen Belastungsstörung, an Panikattacken und mittlerweile auch an spastischen Anfällen. Mic lernt, die entsprechenden Symptome dafür so früh zu erkennen, dass er Nicole Labahn rechtzeitig warnen kann. Beim von Dieter Smolka vom Behindertenbeirat moderierten Pressegespräch geht es um die Arbeit von und den Umgang mit Assistenzhunden.
Ob ein Hund sich zum Assistenzhund eignet, hat nicht unbedingt etwas mit der Rasse zu tun. „Es gibt auch Mischlinge aus dem Tierheim, die hervorragende Assistenzhunde sind. Der Hund muss jedoch je nach Anforderung eine gewisse Größe ab etwa 40 Zentimeter mitbringen, da kleinere Hunde diese Aufgaben körperlich nicht bewerkstelligen können“, erklärt Nicole Labahn.
Zunächst durchläuft der Hund Wesenstests und wird auf alle möglichen Alltagssituationen vorbereitet, vor allem aber auf die speziellen Bedürfnisse der behinderten oder erkrankten Halter trainiert. Das können Sehbehinderte, Epileptiker, Asthmatiker, Schlaganfall, Autismus, Demenz, Diabetes-Patienten, Traumata-Geschädigte oder andere sein. Im Schnitt schafft es nur ein Drittel der von vorneherein vielversprechenden Hunde bis zur Abschlussprüfung. Bis dahin dauert es zwischen zwei und drei Jahren.
Leider ist der Respekt für diese Leistung in Haan nicht selbstverständlich. „Es gibt Menschen, die schlagen meinen Hund. Einer hat sogar mal einen Schlüssel nach ihm geworfen“, erzählt Gabi Bongard vom Behindertenbeirat, die seit vielen Jahren sehbehindert ist und von ihrem sechsjährigen Schäferhund Gando geführt wird. „Die Leute ärgern sich auch schon mal, wenn er bellt“, fügt sie hinzu.
Dabei ist das, was und wie der Hund anzeigt, individuell erarbeitet und trainiert und ganz nach den Bedürfnissen des Besitzers ausgerichtet. Kein Assistenzhund reagiert wie der andere. „Natürlich wird auch auf die Vorlieben des Hundes in der Ausbildung Rücksicht genommen. Manche Hunde sollen bellen, um ihre Halter zu warnen, andere bringen sofort die Notfalltasche mit Medikamenten und wieder andere stellen sich an ihrem Menschen hoch, um ein Face to Face herzustellen“, erklärt Nicole Labahn. „Es kann im ersten Moment so aussehen als wäre der Hund unerzogen, wenn er bellt, wegläuft, anspringt, aber das ist das erlernte Verhalten, das trainiert wurde und der Hund macht genau das, was er soll. Er hilft seinem Menschen.“ Dass ein Hund im Einsatz ist, erkennt man an auffälligen Kenndecke oder einem Geschirr.


Halter wünschen Befreiung von der Hundesteuer


Von der Stadt Haan wünschen sich Nicole Labahn und Gabi Bongard eine Befreiung von der Hundesteuer. „Da heißt es dann, die Satzungen sehen das nicht vor“, ärgert sich Gabi Bongard. Aber die könne man ja möglicherweise ändern.

Kommentar: Schwierige Gratwanderung

Besseres Miteinander

Um das Miteinander zu verbessern, hat Nicole Labahn eine Wunschliste für das Zusammenleben von Assistenzhunden und Mitbürgern definiert.
Nicht anfassen (weil er so niedlich ist): Die Hunde sind hoch konzentriert im Einsatz, wenn sie ihre Kenn-decken tragen und wollen nicht angefasst werden.
Nicht füttern (weil er ja brav wartet): Es sollte selbstverständlich sein, dass man fremde Tiere nicht füttert.
Nicht ansprechen: Jedes Unterbrechen der Konzentration bedeutet eine Gefahr für den Besitzer. Ein abgelenkter Assistenzhund zeigt unter Umständen eine Veränderung des Gesundheitszustandes seines Partners wie einen epileptischen Anfall nicht an. Das kann lebensgefährlich sein.
Dem Team Platz lassen: Manche Assistenzhunde sind darauf trainiert, für ihre Halter Abstand zu anderen Menschen herzustellen, indem sie sich in den Weg stellen. Damit geht es dem Halter gesundheitlich besser, vor allem bei Menschen mit posttraumatische Belastungs- und Angststörungen.
Akzeptanz: Man muss den Einsatz von Assistenzhunden nicht befürworten, aber berücksichtigen, dass sie nicht ohne Grund eine rechtliche Sonderstellung gegenüber normalen Familienhunden haben und ihren kranken oder behinderten Menschen pure Lebensqualität zurückgeben.
Respekt gegenüber dem Halter: Jeder der einen gekennzeichneten Assistenzhund führt, hat seinen ganz persönlichen Grund, warum er das tut. Warum er viel Zeit und vor allem Geld in die spezielle Ausbildung investiert. Diese Hunde kosten teils bis zu 30 000 Euro. Das leistet sich niemand aus Spaß. Und auch nett gemeinte neugierige Fragen wie: „Was haben sie überhaupt, dass sie so einen Hund brauchen?“ sind absolut grenzüberschreitend. Man erzählt doch nicht jedem Fremden gerne, an welcher Krankheit man leidet.
Aufmerksam sein: Sollte sich ein Assistenzhund auffällig verhalten (bellen, an der Leine zerren, auf dem Boden kratzen, den Besitzer anspringen), dann ist es sehr wahrscheinlich, dass er gerade seinen Job macht. „Die Verhaltensweisen dieser Hunde sind so individuell wie die Erkrankung ihrer Besitzer. Und bevor man sich über diesen unerzogenen Assistenzhund ärgert und wegschaut, wäre es viel hilfreicher, den Besitzer mal freundlich zu fragen, ob er vielleicht Hilfe benötigt“, empfiehlt Nicole Labahn.