Puppen erklären Tod und Trauer

Feinfühliges Stück zieht das Publikum in seinen Bann.

Von Sylke Jacobs
Gruiten – „Gestorben wird immer. Darüber gesprochen zu wenig.“ Das steht auf dem kleinen Handzettel, den alle Besucher am vergangenen Samstag im Bürgersaal Gruiten auf ihren Sitzplätzen vorfanden. Die Christliche Hospiz- und Trauerbegleitung (CHT) hatte anlässlich des Welthospiztages zu einer Theaterinszenierung zum Thema „Trauer“ eingeladen. Kirstin Walter, die zweite Vorsitzende des Vereins, freute sich besonders, das aus dem Rhein-Sieg-Kreis stammende Figurentheater „Hand und Raum“ begrüßen zu dürfen. Als Protagonistin des Theaters hatte Sonja Lenneke ein außergewöhnliches Programm im Gepäck: das Figurentheaterstück „über die Trauer hinaus“. Eine besonders feinfühlige Inszenierung um Tod, Trauer und deren Bewältigung.
Gebannt richten die rund 40 Zuschauer – meist Erwachsene, aber auch einige Kinder – ihre Blicke auf die rudimentäre, schwarze Kulisse. Nur sehr wenig Licht schimmert im Gruitener Bürgersaal.
Vollkommene Stille erfüllt den Raum und erzeugt ein Gefühl der Anspannung. Plötzlich steigt ein tosender Wind auf, der mittels einer Tonbandaufnahme aus dem Hintergrund eingespielt und stetig lauter und heulender wird. Kinderstimmen ertönen und singen: „Em pom pie Kolonie Kolonastik, Em pom pie . . .“ Dann ist von weitem ein Kinderlachen zu hören. Und wieder folgt Totenstille.
Was der Betrachter nun auf spielerische Weise erlebt, vermögen Worten kaum zu beschreiben: Die Puppenspielerin, die gleichzeitig auch Protagonistin war, betritt die Bühne – in den Armen hält sie einen leblosen, in weiße Tücher gewickelten kleinen Körper.
Nur mit dem Spiel der Puppen, ganz ohne Worte, reist der Zuschauer mit ihr in eine Welt ergreifender Gefühle. Eine dramatische Inszenierung, gegliedert in mehrere szenische Abschnitte, die sensible Botschaften wie Trauer, Wut, Zorn, Verzweiflung – aber auch Hoffnung, Güte und Liebe transportiert.
Rund eine Stunde lang zieht das Theater „Hand und Raum“ Jung und Alt in seinen Bann – lautlos, lediglich ein Summen ist hier und da zu hören.
Am Ende der Aufführung standen viele Fragen im Raum – so konnte man zum Beispiel nicht ausmachen, welche Rolle der jeweiligen Figur zugedacht war. Die Inszenierung bot dem Zuschauer viele Möglichkeiten der Betrachtungsweise.


Zuschauer finden sich in der Inszenierung wieder


„Trauer ist sehr individuell“, meint Regisseurin Lenneke. „Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg. In der Trauerphase sind alle Gefühle erlaubt, auch Zorn, Wut und Verzweiflung.“ Das Figurentheaterstück „über die Trauer hinaus“ sei kein Rezept, sondern eine Art Brücke, die in der Trauerbewältigung unterstützend einen Bogen spanne. Jede der Figuren könne in eine andere Rolle schlüpfen, ganz wie es der Betrachter erlebe, erklärt sie die Funktionsweise ihres Stücks.
Damit leitete Lenneke den zweiten Veranstaltungsteil ein, eine anregende Gesprächsrunde, in die sich das Publikum einbringen konnte.
„Ich habe die Geschichte so verstanden, dass es viele gute Geister gibt, die einen in der Trauerphase unterstützen“, meldete sich eine Besucherin zu Wort. „Als die grüne Figur ins Spiel kam, musste ich an den Teufel denken“, brachte sich ein Mann aus dem Publikum ein. „Für mich passte alles“, sagte eine weitere Dame aus den Zuschauerreihen: „Als mein Mann verstorben ist, habe ich genauso empfunden, wie es in dem Stück dargestellt ist.“
Wer mochte, konnte sich nach der Gesprächsrunde noch bei Snack und Getränk stärken, und da der Eintritt frei war, etwas spenden.