Gruiten meldet „Land unter“ nach Starkregen

Heftige Regenfälle ließen dieses Mal Haan und besonders Gruiten nicht
verschont.

Von Antje Götze-Römer
und Lothar Weller
Haan/Gruiten – Das hat es seit fast 30 Jahren nicht mehr gegeben: Hochwasser im historischen Dorf Gruiten. Die Düssel und die Kleine Düssel waren am Mittwoch, 14. Juli, zu reißenden Bächen geworden. Die Kleine Düssel hatte am Dorfeingang Ost einen kleinen See gebildet und sich von dort einen zweiten Weg mitten durch die Wohnbebauung gebahnt, dabei Keller, Wohnungen und Autos geflutet.
Die Pastor-Vömel-Straße stand bis zum Bürgermeistershaus und zum Haus Weidenwerth unter Wasser.
Das tieferliegende evangelische Ensemble aus Kirche, Predigt- und Pfarrhaus war besonders betroffen. Auf dem Anger reichte das Wasser bis an den Kindergarten heran. Hinter dem Haus Offers hat die Düssel eine Breite, die ein X-faches der normalen beträgt – und eine ungeheure Fließgeschwindigkeit. Auch hinter dem Dorf stand links der Düssel alles im Wasser: Heinhauser Mühle, Heinhauser Schmiede und Heinhauser Hof.
Aufgrund der starken Regenfälle in der Nacht von Dienstag, war die Feuerwehr Haan bereits seit 2 Uhr mit allen drei Löschzügen sowie der hauptamtlichen Wache im Dauereinsatz.
Laut Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes, wurde in Gruiten innerhalb von 12 Stunden ein Niederschlag von 93 Liter pro Quadratmeter registriert.
In der Regel handelte es sich bei den Einsatzstellen um vollgelaufene Wohngebäude, bei denen die Feuerwehr mit Tauchpumpen und Wassersaugern das Wasser wieder aus den Wohngebäuden entfernte.
Im Bereich „Zur Mühlen“ in Gruiten war es notwendig einen Schutzwall aus Sandsäcken zu errichten, um zu verhindern, dass von einem Feld ablaufendes Wasser in ein Wohngebäude läuft.
Insgesamt gab es bis vergangenen Mittwoch Mittag 43 gemeldete Einsatzstellen, wovon bis dahin erst 30 abgearbeitet werden konnten. Die Feuerwehr Haan war bis dahin insgesamt mit 26 Einsatzkräfte und sechs Fahrzeugen im gesamten Stadtgebiet im Einsatz.
Darüber hinaus unterstützte die Feuerwehr Haan den Rettungsdienst des Kreises Mettmann mit einem geländegängigen Sanitätsfahrzeug, um im Bedarfsfall in schwer zu erreichende oder verschlammte Straßen zu gelangen.
Aufgrund der weiter anhaltenden starken Regenfälle bis in die Abendstunden, hatte sich die Lage im gesamten Stadtgebiet weiter verschärft und die Feuerwehr Haan vollständig mit mehr als 100 Einsatzstellen ausgelastet. Betroffene Bürger mussten sich teilweise in Geduld üben, denn nicht alle Einsatzstellen konnten umgehend angefahren werden.
Die Feuerwehr Haan erhielt unter anderem Einsatzmeldungen über vom Wasser eingeschlossenen Personen und Beschädigungen an wichtiger Infrastruktur sowie massiven Gebäudeschäden. Diese Einsatzstellen wurden mit höchster Priorität abgearbeitet.
Durch umgestürzte Bäume und eine eingestürzten Brücke war die Verbindung nach Solingen über die Ohligser Straße sowie der Ittertalstraße und der Walder Straße zeitweise nicht möglich.
Die Feuerwehr Haan wurde innerhalb von 46 Stunden zu 171 Einsätzen innerhalb des Haaner Stadtgebietes alarmiert. Bei 160 Einsätzen wurde Wasser abgepumpt oder Gebäude vor Wassereintritt geschützt. Bei sieben Einsätzen war es notwendig Bäume von Straßen zu beseitigen und bei vier Einsätzen musste weitere Hilfe geleistet werden.
Insgesamt 26 Personen mussten gerettet werden, weil sie in Gebäuden oder Fahrzeugen durch die enormen Wassermengen eingeschlossen waren. In der Flurstraße war ein PKW mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern von den Wassermassen mitgerissen worden. Die Menschen konnten sich nicht mehr selbstständig aus dem Fahrzeug befreien.
Ebenfalls zu einem dramatischen Einsatz kam es im Bereich der Ittertalstraße, wo ein Baum auf ein Fahrzeug gefallen war, in dem sich drei Personen befanden. Auch sie konnten unbeschadet gerettet werden.
Noch während der Rettungsarbeiten fielen auf der Straße weitere Bäume in unmittelbarer Nähe der Einsatzkräfte auf die Straße, so dass nach der Rettungsaktion der Rückzug aus diesem Bereich angetreten wurde. Die Ittertalstraße wurde am Folgetag durch Mitarbeiter des Betriebshofes frei geräumt.
Ein Einsatzschwerpunkt ergab sich im Bereich Gruiten-Dorf, wo die Düssel während der Regenfälle übergetreten ist, so dass in diesem Ortsteil das Wasser etwa einen Meter hochstand und der gesamte Straßenzug evakuiert werden musste. Hierbei wurden ebenfalls sechs Personen durch die Feuerwehr gerettet.
Weil die Düssel sich nur langsam wieder zurückentwickelte, konnten die betroffenen Personen erst im Laufe des Folgetages wieder zurück in ihre Häuser, um mit den Aufräumarbeiten zu beginnen. Die Feuerwehr unterstützte die Anwohner dort mit leistungsstarken Pumpen, so dass zeitweise mehrere Tausend Liter Wasser pro Minute wieder zurück in die Düssel geleitet werden konnte.
Auch Bauteile der Infrastruktur hielten den Wassermassen nicht stand, so dass immer wieder Trafohäuser vor Wassereintritten geschützt werden mussten. In Gruiten kam es während Pumparbeiten zu einem Kurzschluss in einem Trafohaus, in dessen Folge dieses anfing zu brennen. Ebenfalls zu einem Bauteilversagen kam es im Bereich der Grenzstraße, wo eine Zufahrtsbrücke derart beschädigt wurde, dass diese teilweise eingestürzt ist.
„Besonders erfreulich ist die enorme Dankbarkeit, die der Feuerwehr an ihren Einsatzstellen durch die Bevölkerung in Form von netten Worten und Verpflegung entgegengebracht wurde. Das hat maßgeblich dazu beigetragen, dass diese enorm intensive und langanhaltende Lage durch die Feuerwehr Haan bewältigt werden konnte“, sagt Stefan Longerich von der Haaner Feuerwehr.
Die zwischenzeitlich erforderlichen Straßensperrungen in Haan wegen überfluteter Straßen und umgestürzter Bäume konnten bereits im Verlauf des Donnerstags wieder fast vollständig aufgehoben werden. Somit waren auch wichtige Verbindungsstraßen als Rettungswege wieder frei.
Dennoch sind umfangreiche Wegeschäden erkennbar, beispielsweise der Dorfanger in Gruiten sowie das Haaner Bachtal. Zudem wurde die Brücke an der Breidenhofer Mühle durch die Wassermassen vollständig weggerissen und die Brücke an der Grenzstraße musste gesperrt werden. Sie muss nach erster Einschätzung abgerissen werden.
Außerdem wurden Straßen überprüft, die unterspült sein könnten.