Alter Markt funktioniert

Im Gespräch mit Architekten zeigt Christine-Petra Schacht die Vielfalt ihrer Aufgaben auf.

Haan – Seit einem Jahr ist Christine-Petra Schacht Technische Beigeordnete der Stadt Haan. Wie vielfältig ihre Aufgabe ist, wurde bei einem Meinungsaustausch mit drei Fachleuten von der Regionalgruppe des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) deutlich.

Thema Verkehrswende: „Wir haben gerade in Oslo gesehen, ohne Straßenraum zurückzubauen, bekommen wir nicht mehr Fläche für Fußgänger, Fahrräder und Grünflächen“, leitet der Haaner Architekt Jochen Siebel seine Frage nach der Situation in Haan ein. „Wir haben einen regelrechten Verteilungskampf im öffentlichen Raum“, berichtet Schacht. Klar sei: „Wird ein Fahrradstreifen eingerichtet oder Platz für alternative Nutzungen geschaffen, dann kann da kein Stellplatz hin.“ Darüber würde gerade auch im Zusammenhang mit dem Umbau der K 5 viel diskutiert. In Haan sei die Verknüpfung Mobilität und Auto sehr stark. Einigen Bürgern seien die Straßen teilweise nicht breit genug. „Es gehört auch zu meinen Aufgaben dafür zu sorgen, dass Konzepte entwickelt werden, die für alle funktionieren“, sagt die Beigeordnete, die den Zustand des örtlichen ÖPNV und das Fehlen von Ampelsystemen für Radfahrer moniert.

Thema Innenstadt: Ein Positivbeispiel für Aufenthaltsqualität ist für Siebel der Alte Markt: „Hier haben wir eine super Situation. Die schön gepflasterte Fläche mit dem Brunnen, da gehen alle Generationen hin.“ Leider gebe es zu wenig Plätze, die so funktionierten. „Da ist es kein Wunder, wenn Jugendliche auf Spielplätzen oder am Schillerpark abhängen und Pizzakartons rumschmeißen oder Kippen.“ Eine ähnlich positive Entwicklung wie am Alten erhofft sich Schacht für den Neuen Markt. Dort soll vor allem das geplante Rathaus für Belebung sorgen. „Das kann kein Ort sein, wo bis 17 Uhr gearbeitet wird, und dann ist das gesamte Gebäude dunkel“, weiß sie. „Wir brauchen Nutzungen, die über die reine Verwaltungstätigkeit hinaus gehen, um Identität zu stiften.“ Geplant sei, dass das Erdgeschoss öffentlich sei, in den oberen drei Etagen solle die Verwaltung ihren Platz finden.“ Für die 1A-Lage mit Verbindung zu Schillerpark und Windhövel verspricht sie ein Gebäude mit Strahlkraft.

Thema Wohnen: „Haan ist sehr stark nachgefragt, auch als Vorwohnstadt von Düsseldorf“, hat Schacht in ihrem ersten Jahr festgestellt. „Das große Problem ist, dass wir zu wenig bezahlbaren Wohnraum haben.“ Und das werde noch größer, weil in den nächsten fünf bis zehn Jahren rund 80 Prozent der Wohnungen des preisgebundenen Wohnungsbaus aus der Bindung gingen. Neuer Wohnraum könne durch Aufstockungen in der Innenstadt und Nachverdichtung entstehen. Für Letzteres sieht Siebel Potenzial zum Beispiel zwischen den Häusern des sozialen Wohnungsbaus der 1960-er Jahre rund um Nordstraße, Hühnerbach und Memeler Straße. Nicht nachvollziehen kann der Haaner Architekt, dass ihm die Stadt untersagt hat, an Häusern in der Innenstadt Aufzüge nach vorne in den Marktbereich zu bauen. Treppenhausmäßig seien diese nicht anders anzubinden.

Thema Klima: „Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft keine Fördermittel mehr gibt, wenn nicht Klimawandel, CO2-Ausstoß und Ähnliches in den Konzepten berücksichtigt sind“, sagt Schacht. „Zum Integrierten Klimaschutzkonzept, das wir gerade beschließen, gehören 29 Maßnahmen. Darunter sind solche zur Mobilität, aber auch Anpassung des Gebäudebestands und zur energetischen Ertüchtigung.“ Relativ neu in Haan gebe es Fördermittel für Dachbegrünung und steckerfähige Photovoltaik-Anlagen. „Wir wollen auch niedrigschwellige Angebote schaffen und auch Mietern die Möglichkeit geben, etwas zu tun“, begründet sie das. Eine weitere Herausforderung sei der Ersatz der vielen wegen Absterbens gefällter Bäume. Zukunftsweisend könne der Schulhof des Gymnasiums sein. „Hier haben wir Extrembedingungen wie Hitze und Windkorridore und anstehenden Fels“, erklärt Schacht. Deshalb habe man sich für sogenannte Zukunftsbaumarten entschieden, die auf offenen großzügigen Baumscheiben mit Kraut und einer Staudengesellschaft auch Trockenzeiten überleben können.

Zur Person

Christine-Petra Schacht studierte nach ihrem Schulbesuch in Wuppertal an der TU Berlin Landschaftsarchitektur und arbeitete viele Jahre als Büroleiterin in der Bundeshauptstadt für ein renommiertes Architekturbüro. 2017 wechselte sie die Positionen und wurde Leiterin des Grünflächenamtes der Stadt Trier und Ende 2019 Leiterin des neuen Amtes Stadt-Raum-Trier, in dem Grünflächenamt, Straßenreinigung und Tiefbauamt zusammen gelegt sind. Seit dem 1. Oktober 2021 ist sie Technische Beigeordnete der Stadt Haan.