Grundsteuer belastet viele Haaner
Wie Eigentümer ihre Rechte nutzen können erläuterte der Bund der Steuerzahler.
Von Sylke Jacobs
Haan – Im Forum an der Breidenhofer Straße fand am Dienstag, 29. April, ein informativer Vortrag zur neuen Grundsteuer in Haan statt. Eingeladen hatte der Bund der Steuerzahler NRW, vertreten durch Sabina Büttner, Juristin und Steuerexpertin, sowie Hans-Ulrich Liebern, Landesgeschäftsführer des BdSt.
Thema war die Neuberechnung der Grundsteuer ab 2025 – und die Vielzahl der damit entstandenen Fehler, die viele Bürger teuer zu stehen kommen könnten.
Orientiert am Bundesmodell wurde in Haan der Hebesatz neu festgelegt: 536 Prozent für Wohngrundstücke und 958 Prozent für Nichtwohngrundstücke. Doch das ist nur ein Teil der komplexen Berechnung, die auch Faktoren wie Gebäudealter, Grundstücksart, Mietniveaustufen, Bodenrichtwert, Restnutzungsdauer und vieles mehr berücksichtigt.
Bürger berichten von
hohen Steigerungen
Der tatsächliche Mietspiegel, Bodenbelastungen, Denkmalschutz oder fehlende Zuwege spielen jedoch keine Rolle. Das kritisiert der Bund der Steuerzahler und sieht darin sogar Verfassungswidrigkeit.
Der Saal im Forum war voll, die Anspannung spürbar – fast alle der rund einhundert Anwesenden hatten teils deutliche Erhöhungen erhalten. Rentner Heinrich Paul berichtete: „Ich habe ein Grundstück im Landschaftsschutzgebiet ohne Zuweg. Für 650 Quadratmeter wurde meine Steuer um 300 Prozent erhöht. Das sehe ich nicht ein.“ Für sein Hauptgrundstück gab es eine Steigerung von 150 Prozent. „Gerade noch verständlich“, meint Paul, „aber das andere ist nicht fair.“
Auch Barbara Linden, deren Haus unter Denkmalschutz steht, versteht ihren Bescheid nicht: „Ich habe ein großes Grundstück mit Wald, Ackerland und Bach. Meine Grundsteuer wurde um 700 Prozent erhöht. Mir ist dieser Hebesatz ein Rätsel.“
Silvia Zech, Eigentümerin einer Wohnung, sieht sich benachteiligt: „Meine Steuer wurde um 200 Prozent erhöht. Meine Nachbarin mit der gleichen Wohnung zahlt nur die Hälfte. Wenn das geht, will ich auf jeden Fall Einspruch einlegen.“
Dr. Helmut Weber bringt es auf den Punkt: „Ich empfinde meine Erhöhung als Abzocke! Ich besitze ein unbebautes Grundstück, das scheinbar allein deshalb enorm besteuert wird. Ich fühle mich bestraft, weil ich Natur behalte und nicht verkaufe. Und was ist mit dem Versprechen von Olaf Scholz, die Grundsteuer werde kostenneutral? Das war wohl nichts.“
Ein zentrales Thema des Abends war: Viele Bescheide sind fehlerhaft – entweder durch falsche Angaben der Eigentümer oder durch fehlerhafte Verarbeitung durch das Finanzamt. So wurden bei handausgefüllten Bescheiden zum Beispiel Kommazahlen falsch erfasst oder Kellerflächen als Wohnflächen angegeben. Auch eine einfache Renovierung wurde mitunter als „Kernsanierung“ gewertet, was zu einer höheren Bewertung führte.
Sabine Büttner riet deshalb: „Alle drei Bescheide prüfen und vergleichen! Das sind der Grundsteuerwertbescheid, der Grundsteuermessbescheid und der eigentliche Grundsteuerbescheid. Wer Fehler findet, kann beim Finanzamt eine sogenannte Fehlerbeseitigende Fortschreibung beantragen – das geht online über ELSTER oder schriftlich.“
Liebers erläuterte häufig gemachte Fehler: Falsche Baujahre oder Kernsanierung, falsche Grundstücksgröße, Gesamtfläche statt Teilfläche bei Eigentumswohnungen. Aber auch Flächen mit Dachschrägen oder Kellerräume seien oftmals falsch angegeben wurden.
Wichtig bei einem Widerspruch: „Ein Widerspruch ist nur möglich, wenn zuvor der Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid rechtzeitig eingelegt und im Zuge des Grundsteuerbescheids ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde.“ Ohne diesen Antrag müsse die Grundsteuer zunächst gezahlt werden, auch wenn später Korrekturen erfolgen. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat nach Zustellung des Bescheides.
Antrag auf Ermäßigung möglich
Wer durch die Grundsteuerzahlung in finanzielle Not gerät, kann bei der Stadt Haan einen Antrag auf Ermäßigung stellen. Das wird dann individuell und sozial verträglich geprüft.
Der Bund der Steuerzahler ist an mehreren Musterklagen beteiligt. Dabei geht es vorerst um pauschale Bewertungsverfahren, die von der Realität abweichen. „Wir glauben, dass das Bundesmodell teils verfassungswidrig ist. Erste Musterklagen laufen, aber es wird dauern, bis Karlsruhe entscheidet“, meint Liebern
Fazit des Abends: Die neue Grundsteuer belastet viele Eigentümer in Haan. Deshalb rät der Bund der Steuerzahler aktiv zu werden und seinen Bescheid genau zu prüfen. Wer keine Einspruchsfrist eingehalten hat, kann dennoch über die fehlerbeseitigende Fortschreibung Korrekturen vornehmen.
Seit Juli 2024 ist es in NRW zudem möglich, Gegenbeweise zum Bodenrichtwert einzureichen, zum Beispiel durch ein Gutachten oder einen Kaufvertrag.