Der Impuls kommt am Markttag

Eine Gruppe von Ehrenamtlern lädt jeden Mittwoch zur 10-Minuten-Andacht ein.

Von Antje Götze-Römer
Haan – Es ist Mittwoch, 10 Uhr. Die Haanerinnen und Haaner laufen geschäftig durch die Innenstadt und tätigen ihre Einkäufe auf dem Wochenmarkt und in den angrenzenden Geschäften. Eine rege Betriebsamkeit herrscht rund um den Neuen Markt und die Kaiserstraße. Mitten drin steht die Evangelische Kirche mit geöffneten Türen und scheint zu rufen: „Komm vorbei, komm rein“.
Wer dieser stummen Einladung folgt, darf im inneren der Kirche einen Alltags-Impuls erwarten. Nur 10 Minuten haben die theologischen Laien Marliese Veitenhansl, Gudrun Biester, Sabine Fuchs und Ulla Stegmaier Zeit, um diese Impulse zu setzen. Ergänzt wird das Team von den „Ex-Profis“ Frank Weber, Gabriele Gummel und Detlef Tappen sowie Pfarrer Christian Dörr. Tappen ist derzeit der einzige Katholik in der Runde, die ursprünglich tatsächlich als ökumenisches Projekt konzipiert wurde.
Die 10-Minuten-Andacht ist ein Angebot, um im Alltag für eine kurze Zeit zur Ruhe zu kommen und sich danach, mit dem Impuls gestärkt, wieder dem Tagesgeschäft zu widmen. „Mit der Andacht werden besonders Menschen mit Tagesfreizeit angesprochen, die wegen des Wochenmarktes ohnehin in der Stadt sind und für die ein Gottesdienst am Sonntag vielleicht eine zu große Schwelle darstellt“, erklärt Gabriele Gummel, Pfarrerin im Ruhestand.
1992 wurde die 10-Minuten-Andacht gemeinsam von Mitgliedern der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde Haan erdacht und umgesetzt. Sechs Frauen bildeten das Ur-Team.
„Vor Corona kamen regelmäßig 60 bis 80 Personen“, erinnert sich Gummel. Nach der Pandemie, die mittels Internetübertragungen überbrückt wurde, fanden die Menschen zunächst nur zögerlich zur Kurzandacht am Markttag zurück. Derzeit kommen wieder rund 30 bis 40 Personen.
Marliese Veitenhansl ist bereits seit der ersten 10-Minuten-Andacht vor nunmehr 33 Jahren dabei. „Ich hatte mich bis dahin im Friedensheim engagiert und fand die Idee, das man seinen Glauben auch als Laie und ohne Ausbildung weitergeben kann, einfach toll“.
Die Themen können so bunt sein wie die Welt selbst. „Ich habe über meinen Konfirmationsspruch gesprochen“, erinnert sich Veitenhansl und betont: „Die Reduzierung auf 10 Minuten ist dabei sehr wichtig. „Das kann eine echte Herausforderung sein“, ergänzt Gudrun Biester.
„Es geht darum, in die Kirche zu kommen, zuzuhören und die Gedanken schweifen zu lassen“, erklärt Ulla Stegmaier das Konzept. Sie sucht sich hin und wieder mal ungewöhnliche Themen aus: Putzen, kochen oder tanzen können da schon mal eine Rolle spielen.
Der ehemalige Superintendent Frank Weber, der erst kürzlich in den Ruhestand getreten ist und jetzt Zeit findet für die 10-Minuten-Andachten, erklärt, dass auch in diesem zeitlich eingeschränkten Rahmen Seelsorge möglich sei. „Die Aufmerksamkeit ist da, es fällt auf, wenn jemand fehlt“. Denn neben Spontanbesuchern gibt es mittwochs auch viele „Stammgäste“. Allesamt können sie sich – nachdem sie der Andacht gelauscht haben – im Haus an der Kirche noch austauschen: bei einer guten Tasse Kaffee oder Tee und Kleingebäck. Ein Service, der liebevoll von Renate Ober und ihrem Team erbracht wird und den manche Besucher schon fest in ihren Wochenrhythmus einplanen. „Sich treffen, sich miteinander austauschen, Kontakte in einer schönen Atmosphäre pflegen – das ermöglicht das Gemeindecafé-Team Woche für Woche mit großer Hingabe“, ist Gabriele Gummel dankbar.
„Wir möchten noch mehr Menschen dazu motivieren zu uns in die Andacht zu kommen“, ruft Gabriele Gummel dazu auf, den Weg in die Kirche zu finden. Die Gruppe freut sich aber auch, wenn noch ein paar Mitglieder hinzukommen würden. Während ein Profi wie Frank Weber rund einen Tag damit verbringt, sich auf die Andacht vorzubereiten, kann es bei Marliese Veitenhansl schon mal vier Wochen dauern, bis sie das Thema und ihre Texte und natürlich die begleitende Musik zusammengestellt hat. Denn die Musik ist ein zentrales Element der 10-Minuten-Andacht, und wird immer vielfältiger. „Da greifen wir mittlerweile auch auf Apps und Bluetooth zurück“, verrät Detlef Tappen, der als Seelsorger bei der katholischen Kirchengemeinde tätig war.
E Gabriele.Gummel@ekir.de.