Fachkräftemangel treibt Kitas und Eltern an ihre Grenzen

Schließungen von Gruppen, Schließ-Tage und verkürzte Betreuungszeiten gehören zum Alltag.

Von Sylke Jacobs
Haan – Es hatte sich so einiges angestaut bei den Eltern der Kinder in Haaner Kitas und der Tagespflege. Die ohnehin schon überschaubare Betreuungssituation in den Einrichtungen hat sich seit Jahresbeginn noch einmal zugespitzt.
Verstärkt erhielt der Stadtelternrat der Haaner Kitas Meldungen über Reduzierung der Betreuungszeiten, Gruppenschließungen und auch ganze Schließ-Tage sowie die Verlosung von Betreuungsplätzen in der Notbetreuung.

Ein Notstand, der viele Eltern an ihre eigenen Grenzen bringt, vor allem Berufstätige sind auf einen Betreuungsplatz angewiesen.
So war am Dienstag, 2. Mai, sogar etwas wie „Erleichterung“ zu spüren, als der Stadtelternrat der Haaner Kitas im Rahmen einer Vollversammlung nicht nur Eltern der Haaner Kitas und Tagespflege, sondern auch Vertreter von Fraktionen und der Stadtverwaltung zu einem Austausch ins Familienzentrum am Bollenberg eingeladen hatte.
Der Abend sollte einen Überblick über die aktuelle Situation in Haan bringen. Dass viele Eltern dankbar waren, endlich über die für sie doch sehr katastrophale Situation reden zu können, zeigten die vielen Wortmeldungen an diesem Abend, die vom Vorsitzenden des Stadtelternrates Sebastian von Waldow moderierend in einen gemeinsamen Dialog geleitet wurden.
Die ebenfalls aus dem Vorsitz des Stadtelternrates stammenden Sabine Mallon-Leonczuk und Yvonne Kupfer-Kasemann verschafften zudem einen Überblick über den Status Quo. Aufschlussreich war ein Auszug aus dem Kinderbildungsgesetz NRW (Kibiz), in dem es unter Paragraf 27 heißt: „Kindertageseinrichtungen sind verpflichtet, ganzjährig eine regelmäßige Betreuung und Förderung aller aufgenommenen Kinder zu gewährleisten“.
„Uns wurde erst gar keine Notbetreuung angeboten“, war von einer Frau zu hören, deren Kind eine Haaner Kindertageseinrichtung besucht. Im Rotationsverfahren sei jeden Tag eine andere Gruppe festgelegt worden, die zu Hause bleibt.
Eine weitere Wortmeldung kam von einem Vater, auch er schilderte die sehr prekäre Situation in seiner Kita: „Bei uns lief die Betreuungsplatzvergabe lange Zeit über ein Losverfahren. Wer Betreuungsbedarf hatte, konnte diesen anmelden und per Zettel über ein Auslosverfahren den Betreuungsplatz erhalten.“ Das sei keine Ausnahme gewesen, sondern seit letztem Jahr im August ein Dauerzustand, betonte der Vater.

Ebenso gehörten verkürzte Betreuungstage mittlerweile zum Kitaalltag – das sei eine Katastrophe, fügte der Mann hinzu.
Kurios klang auch das Angebot, dass eine weitere anwesende Mutter schilderte: „Da wir den vollen Beitrag inklusiv Verpflegung zahlen, wurde uns angeboten, dass wir das Mittagessen in einer Vorratsdose abholen könnten.“
Dass die Situation nicht neu ist, sondern sich durch die Pandemiejahre nur noch zugespitzt hat, ist Verwaltung und Politik bekannt: Es mangelt an Fachkräften. Das Kita-System stehe kurz vor dem Zusammenbruch durch Krankmeldungen, Mangel an Personal und Überforderung der noch übrig gebliebenen Erzieher. Die frühkindliche Bildung steht auf der Kippe. Da helfe kein Geld, sondern nur bessere Arbeitsbedingungen, war dazu im Raum zu hören.
Auf Landesebene laufen bereits Kampagnen, wie zum Beispiel Quereinsteigern wie Krankenschwestern, Tagespflegemüttern und Kräften aus dem therapeutischen Sektor, der Einstieg in den Erzieherberuf erleichtert werden kann.
Ebenso sollen verstärkt FSJ-ler beworben werden, die die Erzieher unterstützen.
Jugendamtsleiterin Stephanie Dellit erklärte: „Haan hat Maßnahmen wie zum Beispiel den Fachkräfte Workshop. Wir haben einen guten Überblick und stimmen alle Maßnahmen mit dem Landesjugendamt ab.“

Das Fazit des Abends: Ein sachlicher Austausch kann „Luft“ verschaffen und in Sachen Fachkräftemangel bleibt abzuwarten, ob die Kampagnen Seiten des Landes schnell Früchte tragen.

Kommentar: Kinder und Eltern als Opfer