Sozialamt rechnet mit langen Wartezeiten
Sozialdezernentin appelliert dringend digitale Anträge zu stellen.
Haan – „Wahrscheinlich werden wir die hohen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger nicht erfüllen können“, sagt Haans Sozialdezernentin Annette Herz und nimmt damit Bezug auf das neue „Wohngeld Plus“. Es handelt sich um ein Gesetz der Bundesregierung, das der Bundestag am 10. November beschlossen und dem der Bundesrat am 25. November zugestimmt hatte. Es tritt am 1. Januar in Kraft.
„Es ist eine Jahrhundertreform, die wir von der Stadtverwaltung, speziell vom Sozialamt, mehr als begrüßen“, beteuert Herz, allerdings: die Zeit für die Umsetzung sei viel zu kurz.
Denn allgemein wird mit einer Erhöhung der Bezugsberechtigten um das Dreifache gerechnet. Wenn die Annahmen stimmen, wird sich die Zahl der Wohngeldbezieher in Haan von rund 250 Fällen auf 750 erhöhen. „Das bedeutet, dass wir die Anzahl der Stellen ebenso verdreifachen müssen“, rechnet Annette Herz vor, die froh ist, dass bereits im Vorfeld des Gesetzentwurfes eine zusätzliche befristete Vollzeitstelle eingeplant war und entsprechende Bewerbungsprozesse gelaufen sind. Und: aus dem Bewerbungspool konnten tatsächlich das weitere benötigte Personal rekrutiert werden. Zwei der drei neuen Sachbearbeiter können schon am 2. Januar anfangen, ein weiterer am 1. April. Eine Tatsache, über die die Sozialdezernentin sehr froh ist, denn „damit ist Haan besser ausgestattet als die Nachbarkommunen“. Dennoch: diese Mitarbeiter müssen geschult und eingewiesen werden. Zudem steht die notwendige Software, die für die automatische Erstellung der Bescheide genutzt werden soll seitens des Landes erst im April zur Verfügung. Daher werden die meisten Bescheide wohl erst im April erstellt und damit auch die rückwirkenden Zahlungen ausgelöst.
Auch das Raumproblem sei eines, dass es nicht zur aus Datenschutzgründen zu lösen gelte.
Was also rät Annette Herz all denjenigen, die möglicherweise neu Wohngeldberechtigt sind?
„Ich appelliere an alle Haaner vorab den Wohngeldrechner auf der Internetseite des Landes NRW zu nutzen, um eine erste Berechnung anzustellen. Dann sollte der Wohngeldantrag auf der Internetseite der Stadt Haan digital gestellt werden“, möchte Herz einen Ansturm auf das Rathaus ab 2. Januar möglichst vermeiden. Auf der Internetseite ist der Antrag auch als pdf-Datei herunterladbar.
Nur wer absolut nicht digital affin ist, kann und sollte einen Termin beim Sozialamt vereinbaren. Aber: „Die Wartezeiten sind derzeit nicht kalkulierbar“.
Auch Wartezeiten auf Zahlungen sind wahrscheinlich. Annette Herz verspricht aber, dass niemand im „Regen“ stehen gelassen wird. „Wir nehmen Priorisierungen nach Dringlichkeit vor, wenn nötig“.
Auch werde es keine „Verweisberatung“ geben. Soll heißen: Weil auch das Bürgergeldgesetz ab 1. Januar neu in Kraft tritt, das Hartz IV ablöst, könne es zu Überschneidungen kommen. Es soll niemand zum Jobcenter geschickt werden, sondern eine Beratung kann hier in Haan stattfinden. Umgekehrt gelte diese Vereinbarung auch mit dem Job Center ME. Denn für das Wohngeld sind die Kommunen zuständig, für das Bürgergeld die Jobcenter.
Das Wohngeld wird vom Bund und den Ländern finanziert.
Informationen zum Wohngeld Plus
Ab dem 1. Januar 2023 sollen mehr Haushalte als bisher Wohngeld erhalten. Der staatliche Mietzuschuss soll außerdem um durchschnittlich 190 Euro pro Monat aufgestockt werden.
Die Änderungen sehen unter anderem die Einführung von Bagatellgrenzen im Falle von Rückforderungen sowie die Möglichkeit der Verlängerung des Bewilligungszeitraums von 18 auf 24 Monate vor. Die Effekte der neuen, dauerhaften Komponenten für Heizkosten und Klima sollen nach zwei Jahren evaluiert werden.
Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss zur Miete für Haushalte, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben. Im Schnitt sollen Wohngeld-Haushalte ab Januar 2023 monatlich rund 370 Euro erhalten.
Außerdem wird der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet: Zu den bisher 600.000 Haushalten sollen bis zu 1,4 Millionen weitere dazukommen. Künftig sollen auch Menschen Wohngeld beantragen können, die Mindestlohn verdienen oder eine Rente in vergleichbarer Höhe haben.
Das Wohngeld-Plus enthält nicht nur eine allgemeine Leistungsverbesserung, sondern auch eine dauerhafte Heizkosten- und Klimakomponente.