Weihnachtsoratorium wird zum Erlebnis¶

Die Konzertkantorei Haan, der Camerata di Mitschi und vier Solisten sorgten für Begeisterung.¶

Von Susanne Schaper
Haan – „Jauchzet, Frohlocket!“ dieser Unisono-Ausruf des Chores ist für viele Menschen das Startsignal für festliche Weihnachtsstimmung. Wenige vertonte Verse sind so sehr zum Allgemeingut klassischer Musik geworden, wie diese ersten Worte des Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Sie bündeln die Vorfreude auf die Geburt des Christkindes in einer prägnanten musikalischen Geste.
Die Zuhörer in der fast bis auf den letzten Platz gefüllten evangelischen Kirche hatten am vierten Adventssonntag die Gelegenheit, die ersten drei Kantaten des Werks zu hören, dargeboten von der Konzertkantorei Haan, dem Instrumental-Ensemble „Camerata di Mitschi“, und den Solisten Christiane Linke (Sopran), Ulrike Bauer (Alt), die für die erkrankte Julia Marx eingesprungen war, Scott Robert Shaw (Tenor) und Johannes Wedeking (Bass).
Kantor Martin Honsberg, der die Musiker dirigierte, hatte das Werk als Höhepunkt des 125-jährigen Jubiläumsjahres der Kantorei Haan ausgewählt und damit voll den Nerv des Publikums getroffen – und auch der Musiker.
„Das Stück begeistert auch viele Musiker, die es fest in ihrem Repertoire hatten. Es war ganz einfach, einen Ersatz für die erkrankte Altstimme zu finden, es haben sich umgehend fünf Sängerinnen gemeldet. Und auch für den Projektchor haben sich viele Sänger- und Sängerinnen gemeldet“, erklärte Martin Honsberg im Gespräch mit dem Haaner Treff.
Auch ihn begleite das Weihnachtsoratorium durch seine Musikerkarriere. Als 16-jähriger habe er es das erste Mal mitgesungen. „Heute stehe ich das erste Mal auf der anderen Seite des Pultes und dirigiere“, erzählte der Kantor. „Das Projekt ist ein gemeinsames mit der katholischen Kirchengemeinde.
Deren Kantor Frederic Punsmann spielt heute die Orgel und viele Sänger und Sängerinnen gehören zur katholischen Kirchengemeinde“, erläuterte Martin Honsberg in seiner Begrüßungsansprache.
Die Uraufführung des Weihnachtsoratoriums fand vor fast 300 Jahren statt und besteht aus sechs Kantaten von jeweils einer halben Stunde Dauer. Jede der sechs Kantaten war ursprünglich auf einen der sechs christlichen Feiertage erster, zweiter und dritter Weihnachtstag, Neujahr, Sonntag nach Neujahr und Epiphanias verteilt. Am vergangenen Sonntag wurden die ersten drei Kantaten in rund eineinhalb Stunden Spieldauer gespielt und ergaben eine in dieser Form wunderbar anzuhörende Einheit.
Schon der Beginn mit dem „Jauchzet, Frohlocket!“ packte die Zuhörer direkt. Und das nicht nur, weil es sprichwörtlich mit Pauken und Trompeten so richtig zur Sache ging. Die Akustik in der evangelischen Kirche sorgte von Beginn an für einen dichten Klang.
Der Chor mit seinen mehr als 50 Sängerinnen und Sängern erfüllte den Kirchenraum mit einer immensen Strahlkraft, was umso eindrucksvoller war, da es sich ja um einen Laienchor handelt. Der aber auf einem sehr hohen musikalischen Niveau agiert – sicherlich nicht zuletzt ein Verdienst der intensiven Probenarbeit des Kantors.
Aber auch das Orchester beeindruckte durch eine gleichermaßen großartige Musikalität. Besonders eindrucksvoll natürlich in der Einleitung zur Kantate II, die rein instrumental gespielt wird. Besonders dann, wenn Orchester und Chor gemeinsam alles gaben, war es förmlich zu spüren, wie das Publikum ehrfürchtig Gänsehaut bekam.
Die vier Solisten überzeugten ganz individuell als sie in den unterschiedlichen Stimmlagen die Weihnachtsgeschichte singend erzählten. Als Erzähler der Weihnachtsgeschichte glänzte Tenor Scott Robert Shaw mit seinen Rezitativen, die den Fortgang der biblischen Ereignisse schildern.
Christiane Linke (Sopran) und Johannes Wedeking (Bass) übernahmen einen Wechsel zwischen Gesang und Rezitativ, um über die Bedeutung der Geburt Jesu zu berichte. Ulrike Bauer begeisterte mit ihrer warmen Altstimme, mit der sie in Arien und Rezitativen das Wunder der Geburt besang.
„Ich finde es gibt kaum eine andere Weihnachtsmusik, die so viel Fröhlichkeit verströmt, so viel Jubel und Freude und gleichzeitig Wärme“, kommentierte eine Zuhörerin und brachte damit zum Ausdruck, was sicher viele gespürt haben mögen.
Das Publikum würdigte dieses großartige Konzert mit lautstarkem und begeistertem Applaus und durfte dann ganz zum Abschluss gemeinsam mit den Musikern „Oh du Fröhliche“ singen.