Kinder machen ihr Ding

Kommentar von Knut Reiffert

Haan – Dass Haan sich um das Zertifikat „kinderfreundliche Stadt“ bemüht, ist nachzuvollziehen. Schließlich ist es ein wichtiger Faktor, um sich von den Nachbarkommunen abzusetzen, wenn es darum geht, die begehrteste Zielgruppe schlechthin von einem Zuzug zu überzeugen: junge Familien. Denn davon gibt es in „der ältesten Stadt im Kreis Mettmann“ leider viel zu wenige.
Die Abfrage der Bedürfnisse, die zehn- bis zwölfjährige Schülerinnen und Schüler haben, ist für die Erlangung des Zertifikats vorgeschrieben. Dabei geht es unter anderem darum, welche Angebote für Kinder und Jugendliche gemacht werden sollen. Auch gut. Aber meines Erachtens nur bedingt zielführend.
Denn ich bin sowohl aus eigener Erfahrung als auch als Vater der festen Überzeugung, dass Freiräume wichtiger sind als Angebote. Und auch davon gibt es viel zu wenige. Erst wurden sie durch den Nachmittagsunterricht bei G8 minimiert. Und unmittelbar nach der Korrektur durch die Rückkehr zu G9 kam Corona und damit der Tiefpunkt, wenn es darum ging, sich im wirklichen Leben zu treffen und etwas auf die Beine zu stellen.
Wobei ich Freiräume sowohl zeitlich als auch räumlich definiere. Dafür, dass Schulhöfe, Spielplätze oder Sportmöglichkeiten im großen Stil abgesperrt werden, habe ich kein Verständnis. Ganz im Gegenteil: Die gehören – natürlich zeitlich begrenzt – abends sogar beleuchtet. Dass es dort auch einmal laut werden kann, liegt in der Natur der Sache. Und Anwohner, die sich über vermeintliche Ruhestörungen beschweren, sollten einmal auf ihre eigene Kindheit und Jugend zurückblicken.

Freiräume sind für die Jugend wichtiger als Angebote


Das habe ich gerade noch mal mit meinen Altersgenossen der Jahrgänge 1962 und 1963 bei einem Treffen 40 Jahre nach dem Abitur gemacht. Und siehe da, das, was bei mir und meinen ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern in Erinnerung geblieben ist, sind Aktionen, die man heute als „am Rande der Legalität“ definieren würde: Klingelmännchen auf dem Weg zum Konfirmandenunterricht, selbstinszenierte Geländespiele mit zu Maschinenpistolen zusammengenagelten Holzstücken im Wald, Mofa-Frisieren, Trampen in die Disco im Nachbarort oder nächtliches Nacktbaden im Freibad oder in der Talsperre. Langeweile war ein Fremdwort.
Ich bin mir sicher: Nichts ist für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wichtiger, als mit größtmöglicher Kreativität einfach ihr eigenes Ding machen zu können. Denn nur so lernt man nicht nur seine persönlichen Möglichkeiten, sondern auch seine Grenzen kennen.

Haaner Kinder kommen zu Wort