Klappstühle sorgen weiter für Diskussion

Als Bürgermeisterin entschuldigt sich Bettina Warnecke für die Kosten.

Von Knut Reiffert
Haan – Im August informierte die Stadt Haan im Rahmen eines Pressegesprächs über die Anschaffung von 24 metallenen Klappstühlen, die zur freien Nutzung im Park Ville d’Eu in zwei abschließbaren Gitterboxen aufbewahrt werden. Brutto-Gesamtkosten: 12 6836,79 Euro.
Eine Investition, die auch den Bund der Steuerzahler NRW (BdSt NRW) beschäftigt: „Wir kritisieren zum einen die Anschaffung der Stühle, obwohl es im Park ausreichend Sitzgelegenheiten gibt“, stellt Pressesprecherin Bärbel Hildebrand auf Anfrage des Haaner Treffs klar. „Zum anderen halten wir das System, sich womöglich auf Tage im Voraus, um einen Schlüssel kümmern zu müssen, für nicht besonders praktikabel und verbesserungswürdig.“
Wenn die Stühle als Möblierung für den Pavillon gedacht seien und sie eingeschlossen würden, um Diebstahl oder Vandalismus vorzubeugen, sei das für den BdST NRW zwar nachvollziehbar, passe dann aber nicht zu der Idee, dass Parkbesucher mit den Stühlen durch den Park wandern und sich beliebig niederlassen könnten. „Unterm Strich ist deshalb unsere Einschätzung: gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, erklärt Hildebrand.
Dass beim Ausleihsystem „noch viel Luft nach oben ist“, räumt auch Haans Bürgermeisterin Dr. Bettina Warnecke ein. Gerade, was eine spontane Nutzung angehe.
Im Vorfeld der Ratssitzung am Dienstag, 25. Oktober, hatte sie eine Erklärung veröffentlicht, in der sie sich in ihrer Funktion als Bürgermeisterin entschuldigt, sich aber auch hinter ihre Mitarbeiter stellt. „Die Idee einzelner Kolleginnen und Kollegen im technischen Dezernat war gut gemeint, sie war aber nicht bis zum Ende durchdacht und es fehlte im handelnden Fachamt das nötige Kostenbewusstsein“, teilt Warnecke mit. Die Verwaltung werde den Fall intern aufarbeiten, um solche Ausgaben zu vermeiden. „Fehler passieren, Fehler sind menschlich und wir als Stadtverwaltung lernen aus Fehlern.“
Die Kosten für die Stühle von je 54,40 Euro hält sie aufgrund der aufwendigen Herstellung nach einem Vorbild aus dem Ende des 19. Jahrhunderts für tragbar. Die für die Gitterboxen, die zusammen mit 11 529 Euro zu Buche schlagen, erscheinen ihr plausibel, aber unverhältnismäßig. „Ich bin nach wie vor von der Idee überzeugt“, lässt sich die Bürgermeisterin von der Kritik nicht irritieren und berichtet, dass es auch Bürgerinnen und Bürger gebe, die sich bei der Stadtverwaltung für die neue Ausleihmöglichkeit der Stühle bedankten.
Auf lokaler Ebene kommt Kritik vor allem von der Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan (WLH). Deren Fraktionsvorsitzende Meike Lukat beklagt neben dem „krassen Widerspruch“ zwischen der Investition und Sparzwängen die fehlende Transparenz.


Politik hat aus der Presse von der Anschaffung erfahren


„In allen Planungen, die das Integrierte Handlungskonzept für die Innenstadt betreffen, waren der Bürgerworkshop oder breit aufgestellte Gremien wie die AG Möblierung oder der Gestaltungsbeirat eingebunden“, berichtet Lukat, „nur nicht, bei den Klappstühlen.“ Von deren Anschaffung hätte die Politik nur durch die Presse erfahren.
„Mittlerweile ist Haan durch die Sache ja bundesweit viral gegangen“, spielt Meike Lukat auf die kritische Berichterstattung in überregionalen Medien an. Deshalb ist es ihr wichtig, auch im Nachhinein die Verantwortlichkeiten zu klären. „Auf meine Anfragen bekomme ich nur häppchenweise und zum Teil widersprüchliche Antworten“, sagt sie. „Dabei müsste die Verwaltung angesichts des Desasters in der öffentlichen Darstellung pro-aktiv werden und alles auf den Tisch legen.“
Bei der Finanzierung sei ihr zunächst mitgeteilt worden, es handele sich um Restmittel aus der Grünpflege. „Dann hieß es plötzlich, das Geld stamme aus dem Denkmalschutz“, wundert sich Lukat.
Klipp und klar möchte die WLH-Vorsitzende auch wissen, wer bei der Umfrage des Betriebshofs im Sommer 2021, seinen Bedarf an den Klappstühlen angemeldet hatte. „Einfach von Hochzeitsgesellschaften zu sprechen, ist nebulös“, findet sie und pocht darauf, dass neben den involvierten Gruppen und Vereinen auch die Privatpersonen benannt werden, die sich für die Anschaffung ausgesprochen haben. Das hat die Verwaltung mit Hinweis auf Persönlichkeitsrechte abgelehnt. Und dafür hat Lukat Verständnis.
Für die Ratssitzung am Dienstag hatte die Bürgermeisterin angekündigt, der Forderung der WLH, wenigstens die Initialen der Klappstuhl-Befürworter zu veröffentlichen, nachzukommen.

Kommentar: Das Beste raus machen

Ausleihe

Privatpersonen: Mit dem Verleih der Klappstühle ist das Gebäudemanagement betraut. Das hat seinen Sitz ungefähr 500 Meter vom Park Ville d’Eu entfernt im 2. Obergeschoss am Neuen Markt 27–29. Allerdings können Interessenten dort nicht spontan erscheinen und einen Schlüssel für die Gitterbox mitnehmen. Vorab muss eine Anfrage per E-Mail an gebaeudemanagement@stadt-haan.de erfolgen. Die Mitarbeiter prüfen anhand eines elektronischen Kalenders, ob die Stühle zum Wunschtermin zur Verfügung stehen und rufen oder mailen zurück. Abgeholt (und zurückgegeben) werden kann der Schlüssel nur zu den Öffnungszeiten (montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr sowie freitags von 8 bis 13 Uhr). Dann wird der Personalausweis des Ausleihers kopiert und eine Kostenübernahme bei Schäden vereinbart.
Organisationen: Das Haus im Park, der Seniorenbeirat, Kinder- und Jugendparlament sowie eine Boule-Gruppe haben eigene Schlüssel und tragen ihre Termine selbst in den elektronischen Kalender ein.
FAQ: Die Stadt hat die wichtigsten Informationen auf ihrer Homepage veröffentlicht.

https://t1p.de/vnjqu