Gruitener retteten Haus am Quall

Vor 20 Jahren ist das historische Gebäude festlich wiedereröffnet worden.

Von Susanne Schaper

Gruiten – Im November 1995 gründeten 23 Gruitener Bürger den Förderverein Haus am Quall e.V., um das Denkmal von der Stadt Haan zu kaufen und zu retten. „Es waren Zugezogene, also Neubürger. Einige alteingesessene Bürger empfanden den Rettungsversuch als weltfremde Spinnerei“, erinnert sich Vorstandsmitglied Wolfgang Wahle. „Trotz der Unkenrufe und Selbstzweifel, ob eine Rettung überhaupt zu leisten sei, verfestigten sich Mut und Glaube an das Gelingen. Der Wille, das Haus zu erhalten, schweißte die Vereinsgründer zusammen. Das ist eine Verbindung, die bis heute hält“, fügt Vorstandsvorsitzende Claudia Köster hinzu.
Im Februar 1996 beschloss der Stadtrat, mit dem Verein einen Vertrag abzuschließen. Inhalt: Der Verein übernimmt das Denkmal als Pächter, Eigentümer bleibt die Stadt. Der Verein übernimmt sämtliche Kosten der Grundsanierung und dauerhaft sämtliche Kosten des Betriebs. Der Verein verpflichtet sich, das Haus der Öffentlichkeit dauerhaft zur Verfügung zu stellen, in gutem Zustand zu halten und eine Rücklage für die Instandhaltung zu bilden.
Seit 20 Jahren erstrahlt das Haus am Quall, das im Juni 2002 vom damaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement feierlich eröffnet wurde, in neuem Glanz. Ausstellungen, Märkte mit Tischler- und Goldschmiedearbeiten, Musikunterricht, Geburtstagsfeiern, Seminare, Vereinstreffen, Firmenjubiläen, ein Kochclub und zahlreiche weitere Veranstaltungen füllen den Terminkalender des Hauses, das erstmals 1155 in einer Urkunde von Kaiser Friedrich Barbarossa erwähnt wurde. Viele Brautleute haben sich inzwischen im Kaminzimmer das Ja-Wort gegeben, denn das Haus am Quall ist seit vielen Jahren eine Außenstelle des Standesamtes.
Auch der Förderverein selbst, der inzwischen auf etwa 140 Mitglieder angewachsen ist, führt kontinuierlich Aktionen durch: Tage der Offenen Tür, Tage des Offenen Denkmals, Ausstellungen zur Gruitener Kalkgeschichte. Im vergangenen Jahr wurde ein bislang verborgener, historischer Brunnen in Hausnähe auf dem Dorfanger freigelegt und wieder hergestellt. Die seit mehr als 14 Jahren bestehende Kalkgruppe erstellte eine überarbeitete Neuauflage des Wanderführers „Kalkspuren“. Auch die Stadt Haan hat längst erkannt, was sie an dem Haus und seinem Förderverein hat. Wegen seiner besonderen Verdienste wurde der Förderverein bereits zum zweiten Mal mit der Ehrengabe ausgezeichnet. Und die Geschäftsleitung der Stiftung NRW lädt immer wieder seine Besucher in das Haus ein, als Beispiel eines gelungenen Förderprojektes.
„Die Arbeit hat sich gelohnt“, resümiert Wolfgang Wahle. Drei Jahre lang hätten sich in den Aufbaujahren etwa 15 Personen jeden Samstag zusammen gefunden, um mit anzupacken. Etwa 12 000 ehrenamtlich Arbeitsstunden seien zusammen gekommen „Die Koordination und Leitung der „Laientruppe“ war neben technischen und handwerklichen Fragen eine Herausforderung“, erinnert sich der Architekt. Spenden und Fördergelder ermöglichten im Verlauf der Arbeiten eine qualitätsvolle Restaurierung mit historischen Materialien wie Lehmsteine, Strohlehm, Lehmputz, Lehmfarben und Eichenholz. „Der große Balken an der Außenfassade zum Dorfanger stammt aus einem Schloss in Frankreich“, erzählt Wolfgang Wahle.
Eigentlich sollte das 25-jährige Bestehen im November 2020 gefeiert werden – Corona hat die Pläne zunichte gemacht. „Während der Pandemie sind unsere Einnahmen auf nahezu Null gesunken. Unser Kontostand war beängstigend“, sagt Claudia Köster.
Dazu kam die Überschwemmung im Juli 2021. Das Sockelgeschoss stand plötzlich bis zu 80 Zentimeter unter Wasser. Die Innentüren, die Lehmputzwände, das gesamte Inventar, Kühlschränke, Porzellan- und Besteckschränke waren unbrauchbar geworden. Die Elektro-Installation mit Zählerschrank musste instand gesetzt werden. Und auch die Einbauküche, das Herz bei Vermietungen, war untergegangen. „Auch hier fand sich sofort ein Trupp aus Mitgliedern ein, der über etliche Tage ,Klar Schiff‘ machte“, erzählt Claudia Köster. Auch Privatleute, Institutionen und die Stiftung Rotary-Club des spendeten.
Heute läuft nun der „Betrieb“ wieder rund, das Team vom Haus an Quall kann wieder Buchungen entgegen nehmen. Im Juli, also einem Jahr nach der Hochwasserkatastrophe, bedankten sich die Vereinsmitglieder mit einem Fest bei allen Spendern, Unterstützern und Helfern.
hausamquall.de