Unbekannte stehlen Bienenvölker

Drei Bienenvölker sind von einer Streuobstwiese in Gruiten über Nacht verschwunden.

Gruiten – Wo vor einigen Tagen noch Bienenkästen von vier Bienenvölkern standen, ist jetzt nur noch ein Volk aktiv. Unbekannte haben drei Völker von einer Streuobstwiese in Gruiten nahe der Düssel gestohlen. „Das waren keine Hundehalter“ ist sich Landschaftswart Hans-Joachim Friebe sicher, der ziemlich sauer ist auf die dreisten Diebe.
Denn auf der Streuobstwiese stehen mehr als 30 Obstbäume vom Apfel über Birne und Kirche bis hin zur Pflaume. Und damit die Bäume Früchte tragen, brauchen sie die Bienen. Friebe sieht die Ernte, die im günstigsten Fall von freiwilligen Helfern eingebracht wird und die diese dann mitnehmen können, in Gefahr. „Hier auf der Wiese stehen alles alte Sorten“, erklärt Friebe den rund 35 Jahre alten Baumbestand.
Ein Alter, in dem Apfelbäume zum Beispiel in der Hochphase ihres Lebens sind.
Apfel kann nur mit Hilfe der Fremdbestäubung gute Früchte ausbilden. Hauptsächlich Honigbienen sind geeignet, Apfelblüten zu bestäuben. Hummeln sind besser geeignet, wenn sie in genügender Stückzahl in die Plantage gebracht werden können.
Mit Honigbienen als zusätzlichen Bestäubern werden durchschnittlich 2,5-mal so viele Früchte ausgebildet wie vergleichsweise nur durch Bestäubung von natürlich vorkommenden Insekten im Umfeld der Plantage.
Wegen des häufig kalten Wetters wird mit einem Flugradius von bis zu maximal 275 Metern gerechnet.
Aus Erfahrung wird empfohlen, circa drei bis fünf Völker pro Hektar aufzustellen. Das war bisher gewährleistet, nach dem Diebstahl aber nicht mehr.
Zu einem Bienenvolk gehören 40.000 bis 80.000 Bienen, die allesamt eine bestimmte Funktion oder Aufgabe übernehmen. Die meisten Tiere sind weibliche Arbeitsbienen, dazu kommen mehrere Hundert männliche Drohnen und eine Bienenkönigin.
Die Arbeiterinnen machen den Großteil eines Bienenvolkes aus. Sie übernehmen verschiedene Tätigkeiten, die von Alter abhängen: Putzerin, Ammenbiene, Baubiene, Wächterbiene, Heizerbiene, Tankerbienen, Belüfterin, Zofen, Honigbereiterin, Kundschafterin, Sammlerin oder Herstellerin von Winterfutter.
Bei täglich 10 Ausflügen mit 20 Blütenbesuchen bestäubt eine Sammelbiene 200 Blüten am Tag. Jedes Bienenvolk teilt sich auf in etwa 2/3 Stockbienen und 1/3 Sammelbienen. Daraus ergibt sich eine Tagesleistung von 200.000 besuchten Blüten.
Bienendiebstähle sind ein zunehmendes Problem in der Imkerei. Im Jahr 2020 wurden deutschlandweit insgesamt 338 Diebstähle gemeldet. 245.000 Euro Schadenersatz zahlte die Imkerversicherung aus. Die Dunkelziffer liegt aber wahrscheinlich höher, denn nicht alle Imker seien Mitglied in einem Landesverband und damit über die Imkerversicherung abgesichert.
„Es werden ganze Völker geklaut, manchmal auch ganze Stände“, erklärt Margit Meinke, Geschäftsführerin des Landesverbandes Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker. Und leider sind die Diebe offenbar kaum zu erwischen.
„Ich hab es noch nie gehört, dass die Diebstähle aufgeklärt werden“, sagt Hubert Quandt, beim Imkerverband Rheinland für Versicherungsanfragen ständig auf der Internetseite agrarheute. „Was die Sache so traurig macht: Das kann ja nur ein Imker sein.“
Jemand anderes könne mit den gestohlenen Völkern ja nichts anfangen. Vor allem im Frühjahr wollten die Diebe wohl eigene Völkerverluste aus dem vergangenen Winter ausgleichen, vermutet Quandt. agr