Angeklagter soll 14 Jahre in Haft

Das Landgericht Wuppertal fällte am vergangenen Montag sein Urteil im Fall von der Alleestraße.

Haan/Wuppertal – Für einen tödlichen Messerangriff auf zwei Frauen in einer Haaner Wohnung soll ein 46 Jahre alter Angeklagter 14 Jahre ins Gefängnis.
Das Landgericht Wuppertal verurteilte den Mann am Montag, 21. Februar, noch nicht rechtskräftig wegen zwei Fällen des Totschlags, begangen an seiner früheren Lebensgefährtin und deren Mutter. Die Frauen wurden 64 und 84 Jahre alt. Der Mann hat im Gericht geschwiegen.
Die Richterinnen und Richter folgten mit ihrem Urteil fast in voller Höhe dem Antrag der Staatsanwältin, die sechs Monate längere Strafe gefordert und festgestellt hatte: „Die Tat hat eine Riesenlücke in das Leben vieler Menschen gerissen.“
Beide Opfer hatte wenige Stunden nach dem Geschehen vom 23. April 2021 eine Tochter der 64-Jährigen mit einem Angehörigen in der Wohnung an der oberen Alleestraße entdeckt. Sie erlebte als Zeugin den Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst, die Wiederbelebungsversuche und den Tod der Mutter am Tatort.
In der Folge erlitt sie einen Nervenzusammenbruch und wurde zwei Monate in einer Klinik behandelt. Im Gericht berichtete sie unter Tränen: „Ich brauchte Zeit, zu begreifen, was passiert ist. Es war ein Gefühl, bei dem ich gar nicht weiß, wie ich es beschreiben soll.“ Anfangs des Prozesses hatte es zunächst geheißen, sie könne sich gar nicht im selben Raum wie der Angeklagte aufhalten, ohne ihre Gesundheit zu gefährden.
Zeugenaussagen und Spuren zufolge soll sich der 46-Jährige am Nachmittag des Tattags Zugang zur Wohnung verschafft haben. Wie ist unklar: Einschätzungen von Angehörigen zufolge könnte die 64-Jährige ihn freiwillig eingelassen haben. Das Schloss an der Wohnungstür hatte sie zum Schutz gegen ihn ausgetauscht.
In der Wohnung habe der Mann die Frauen angegriffen. Ob es Streit hab, welches Opfer er in welchem Zimmer zuerst angriff – das bleibt offen, stellte die Staatsanwältin klar. Deshalb ließen sich keine Merkmale sicher feststellen, die erlauben würden, den Angriff als Mord zu werten.
Das Tatwerkzeug, ein 22 Zentimeter langes Fleischmesser, wurde an der Bushaltestelle Robert-Koch-Straße gefunden und sichergestellt. Der Mann tauchte wenige Stunden nach dem Geschehen in Hilden auf – bis zum Umfallen betrunken. Den Weg dorthin könnte er laut Gericht innerhalb von anderthalb Stunden zu Fuß zurückgelegt haben. Während dessen lief bereits eine regionale Großfahndung der Polizei nach ihm.
Der Angeklagte arbeitete früher als Kfz-Mechaniker, ist alkoholkrank und arbeitslos. Er soll zwei Jahre im Zusammenhang mit seiner Sucht obdachlos gelebt haben. Mit der 64-Jährigen kam er nach dem Aufenthalt in einer Entziehungsklinik zusammen, wo auch sie eine Alkoholerkrankung behandeln ließ.
Die spätere Trennung soll sich ebenfalls um Alkohol gedreht haben: Die 64-Jährige habe das Trinken aufgegeben gehabt. Der Angeklagte hingegen habe seine Sucht weiter ausgelebt und sei von seinen späteren Opfern oft weggeschickt worden, in seine eigene Wohnung in der Nachbarschaft.
Über die Situation in den Wochen vor dem Messerangriff sagte die Staatsanwältin: „Der Angeklagte fühlte sich ausgeschlossen, und das war er auch.“ In dieser Situation habe er mit Gewalt gedroht. Der 64-Jährigen habe er angekündigt, er werde sie töten. Er soll betrunken gedroht haben: „Ich steche Euch alle ab.“ Die Familie habe in höchster Sorge gelebt.
Der Angeklagte wird nicht in eine Entziehungsanstalt eingewiesen, nachdem eine Gerichtsärztin den Messerangriff aus medizinischer Sicht nicht sicher auf seinen Hang zu Alkohol zurückführte.
Gegen das Urteil des Landgerichts kann der Mann Rechtsmittel einlegen, dann überprüft der Bundesgerichtshof Entscheidung und Strafe. Die Anwältin einer Hinterbliebenen zog als Fazit: „Meine Mandantin hat sich von diesem Prozess Antwort auf ihre Fragen erhofft. Durch das Schweigen des Angeklagten bleiben die nun offen“. dilo