Schritttempo wird nicht akzeptiert

Haan – Die Schillerstraße ist zu einer Prachtallee
geworden. Im verkehrsberuhigten Bereich wird allerdings zu oft zu schnell gefahren.

Von Knut Reiffert
Christine-Petra Schacht kann es nicht fassen. Eigentlich will sie Journalisten präsentieren, wie die Stadt Haan unter Berücksichtigung zahlreicher Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern in zehnmonatiger Bauzeit für 900 000 Euro aus der „Buckelpiste“ Schillerstraße eine attraktive Prachtallee gemacht hat. Doch dann muss sie erleben, dass mit dem verkehrsberuhigten Abschnitt als Verbindung zwischen Schillerpark und Sandbachtal eine Sanierungsmaßnahme überhaupt nicht funktioniert. „Unglaublich“, ist die technische Beigeordnete erzürnt und stellt sich immer wieder Fahrzeugen in den Weg, deren Tempo weit über dem liegt, was als Schrittgeschwindigkeit akzeptiert wird.
Von der kurzen, aber heftigen Diskussion mit der uneinsichtigen Fahrerin eines Porsche-SUV berichtet Schacht aufgebracht: „Die ist fest davon überzeugt, dass Tempo 30 Schrittgeschwindigkeit ist.“
In der Tat ist es während des rund 30-minütigen Pressetermins die Minderheit von Fahrerinnen und Fahrern, die für den auffällig hell, aber vielleicht nicht erhaben genug gestalteten Straßenabschnitt ordnungsgemäß herunterbremst. Ein Radfahrer, der mit viel Schwung bergab aus Richtung Kaiserstraße kommt, tritt am Spielstraßen-Schild noch einmal richtig in die Pedale. Und zu den ganz besonders Schnellen gehört ausgerechnet ein Linienbus der Rheinbahn.
„Und dabei haben wir gerade wegen der Busse von einer höheren Rampe an dieser Stelle abgesehen“, erinnert sich Thorsten Fischer, Projektleiter für den Schillerstraßen-Umbau im Haaner Tiefbauamt. „Bei der hätten sie nämlich richtig Probleme.“
Die zunächst angedachte Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Schillerstraße hinweg war aus Kostengründen verworfen worden. „Ein Fußgängerüberweg kam nicht in Frage, weil die Zugänge zum Schillerpark und zum Sandbachtal versetzt liegen“, weiß Christine-Petra Schacht. Eine Fußgängerampel hält Thorsten Fischer aufgrund von Erfahrungen an anderen Stellen für wenig praktikabel. „Die müsste wegen Vandalismus jeden zweiten Tag erneuert werden.“
Dementsprechend setzen die beiden auf Tempokontrollen. „Das städtische Messgerät hatten wir schon einmal während der Bauphase hier hängen“, berichtet Fischer. „Soweit ich mich erinnere, lag der Schnellste bei 90 Stundenkilometern.“
Die Technische Beigeordnete sucht jetzt den Kontakt zur Polizei. Die soll ihre Radargeräte enggetaktet in der Schillerstraße aufstellen, bevor ein Unfallbrennpunkt entsteht. „Das wird Führerscheine kosten“, fürchtet Thorsten Fischer. „Und dann reden wieder alle von Abzocke.“
Der Missmut über die fehlende Rücksichtnahme der Fahrerinnen und Fahrer verhagelt dem Projektleiter allerdings nicht die Stimmung, was das Gesamtergebnis der Sanierungsmaßnahme angeht: „Ich finde, es ist richtig schön geworden. Und das ist auch der Tenor der Rückmeldungen, die ich von den Anwohnern bekomme.“ Dass die von Januar bis Oktober 2021 dauernden Arbeiten etwas mehr Zeit in Anspruch genommen hätten, als geplant, sei den häufigen Regenfällen in den ersten Wochen geschuldet.
Während der Bauphase selbst habe es so gut wie keine Überraschungen gegeben, blickt Fischer zurück. Das sei auch ein Verdienst der guten Arbeit des beauftragten Ingenieurbüros. Wichtig sei auch gewesen, dass die Tiefgarage Schillerpark während der in drei Abschnitten vorgenommenen Sperrung der Schillerstraße immer genutzt werden konnte.
Baumschutzmaßnahmen
sind offensichtlich

Deutlich sichtbar ist das Mitwirken eines Baumschutzgutachters an der Sanierungsmaßnahme. An einigen Bäumen ragen die sogenannten Baumscheiben deutlich in den Straßenraum hinein, um den Wurzeln der unter Schutz stehenden Bäume ausreichend Platz zu lassen. Möglich wurde das zudem unter anderem durch den Einbau von Bordsteinen, die nur halb so breit sind wie ihre Vorgänger.