Der Straßenverkehr ist für niemanden rechtsfreier Raum

LKW und Busse gegen PKW, Autofahrer gegen Radler und Radler gegen Fußgänger. Natürlich bergen die unterschiedlichen Interessen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Individualverkehr großes Konfliktpotenzial. Aber wo bitte kämen wir hin, wenn es von allen ausgelebt würde. Selbstverständlich in einer großen Katastrophe.
Gerade im Straßenverkehr geht es nur mit- und nicht gegeneinander. Doch zuweilen hat man den Eindruck, dass die Sitten hier – ähnlich der sozialen Medien – verrohen. Und noch schlimmer: Menschen bzw. Verkehrsteilnehmer sind sich der Tragweite ihres Fehlverhaltens nicht einmal bewusst. Ich möchte aber nicht glauben, dass das schon ein Spiegelbild der Gesellschaft ist.
Angesichts der eklatanten Missstände im verkehrsberuhigten Abschnitt der Schillerstraße haben die technische Beigeordnete Christine-Petra Schacht und der Projektleiter Thorsten Fischer absolut recht, wenn sie feststellen: „Wir können zwar moderne und attraktive Straßen zur Verfügung stellen, dafür dass sie auch entsprechend genutzt werden, sind die Bürgerinnen und Bürger selbst verantwortlich.“ Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme funktioniere die Stadtgemeinschaft, ist ihre und auch meine Überzeugung. Das Argument, das Gebot der Schrittgeschwindigkeit sei an dieser Stelle neu, die Verkehrsteilnehmer müssten sich erst daran gewöhnen, zieht meines Erachtens ebenso wenig wie das, wonach die Stelle zu schlecht markiert sei. Im Gegenteil: Die Stadt hat schon größere Spielstraßen-Schilder installieren lassen, als vom Gesetzgeber eigentlich vorgeschrieben ist.
Traurig, aber wahr: Das einzige, was gegen Uneinsichtigkeit hilft, ist Sanktion. Sollten die für die Schillerstraße geforderten Geschwindigkeitskontrollen durch die Polizei kommen, dürfte es für viele Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer teuer werden. Oder sogar noch unangenehmer: Ab einer Überschreitung um 31 km/h in Spielstraßen ist ein Fahrverbot sicher. Nimmt man 15 km/h als Schritttempo – so wie das viele Richter tun –, ist also bei 46 km/h der Führerschein für einen Monat weg. Und das zurecht, wie ich finde.