Angeklagter (46) schweigt zu tödlichen Messerstichen

In Wuppertal hat der Prozess um einen zweifachen Totschlag in Haan begonnen.

Von Dirk Lotze
Haan/Wuppertal – Nach tödlichen Messerstichen in einer Wohnung an der oberen Alleestraße vom 23. April 2021 hat das Landgericht Wuppertal den Prozess um zweifachen Totschlag gegen einen 46 Jahre alten Haaner begonnen.
Bei der Attacke starb eine 64 Jahre alte Frau; ihre 84 Jahre alte Mutter erlitt schwere Bauchverletzungen, denen sie zwei Monate später in einem Krankenhaus erlag.
Der Mann war Nachbar und soll vorübergehend Lebensgefährte des jüngeren Opfers gewesen sein. In der Verhandlung schweigt er.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er sich am Tattag gegen 14 Uhr Zugang zu der Wohnung seiner Opfer verschaffte und dass einer seiner Stiche das Herz der 64-Jährigen durchbohrte. Die Richterinnen und Richter müssen den Vorwurf unabhängig prüfen.
Als erste Zeugen im Prozess berichteten zwei Polizisten der Wache Hilden von der dramatischen Situation am Tattag.
Der Einsatz „Körperverletzung, Täter vor Ort“ sei um 16.10 Uhr gekommen: „Als wir ankamen, standen Nachbarn auf der Straße und haben uns zur Wohnung geführt. Im Flur lag die jüngere Frau und ein Mann führte Herzdruckmassage durch. Weiter hinten, im Wohnzimmer, lag die ältere Frau auf dem Boden“.
Deren Enkelin, Tochter des ersten Opfers, kümmerte sich um die verletzte Seniorin. Dann traf die Feuerwehr mit mehreren Rettungswagen und Notärzten ein.
Ein Polizist berichtete, er habe mitbekommen, dass für die ältere Verletzte ein Hubschrauber angefordert wurde. Dessen Eintreffen habe er nicht mehr bemerkt, so beschäftigt sei er mit den Bekannten und Angehörigen der Opfer gewesen, die ihm Hinweise gaben.
Diese Zeugen hätten den Angeklagten als Verdächtigen benannt – teils anhand des Vornamens, teils mit vollen Personalien samt Wohnadresse im Nebenhaus. Das wurde sofort von Beamten umstellt. Aufgegriffen wurde der Mann nach 18 Uhr in Hilden, schwer alkoholisiert und als hilflose Person.
Von Zeugen stammt eine Aussage vom Tattag, die von Polizisten wiedergegeben wurde und die die Geschichte des Paares sein soll: Der geschiedene Angeklagte habe das jüngere Opfer während eines Alkoholentzugs in einer Klinik kennengelernt und sei mit ihr zusammen gekommen.
Später habe die Frau ihre Sucht überwunden und sich von ihm getrennt. Er habe erklärt, das nicht hinnehmen zu können – und er habe Gewalt angekündigt gehabt. Die Familie sei in höchster Sorge gewesen.
Die Verhandlung verfolgten Angehörige vom Zuschauerraum aus.
Die Tochter beziehungsweise Enkelin der beiden Verstorbenen kann zu ihrem gesundheitlichen Schutz voraussichtlich nur unter Ausschluss des Angeklagten aussagen: Sie hatte ihre Mutter und Großmutter am Tattag besuchen wollen und beide schwer verletzt entdeckt.
Laut Mitteilung an das Gericht erlitt sie einen Zusammenbruch und musste sich über zwei Monate in einer Klinik behandeln lassen.
Für den Prozess hat das Gericht zunächst fünf Sitzungstage bis Anfang Februar 2022 vorgesehen. dilo