Südamerikanisches Flair in der Gartenstadt

Rund 1000 Besucher genossen am Sonntag unter freiem Himmel ein Kulturerlebnis mit Gastronomie.

Von Sylke Jacobs
Haan – Freunde und Liebhaber lateinamerikanischer Rhythmen dürften am vergangenen Sonntag permanent Gänsehaut gehabt haben. Nicht etwa, weil es draußen im Grüngürtel am Karl-August-Jung-Platz zu kühl gewesen sei. Nein, die Neue Philharmonie Westfalen konzertierte in der Haaner Parkanlage mit einem Open-Air-Konzert und brachte leidenschaftliches, südamerikanisches Flair mit in die Gartenstadt.
Unter der Leitung von Generaldirektor Rasmus Baumann präsentierte das Orchester zahlreiche unsterbliche Werke des großartigen Komponisten Astor Piazzolla – passend zu dessen 100. Geburtstag. Wobei die Hundert sicherlich kein Zufall war – denn schließlich feiert Haan in diesem Jahr ebenso sein Hundertjähriges: 100 Jahre Stadtrechte Haan. Da passte das verzehrende Bandoneon-Spiel des argentinischen Virtuosen gut ins Programm. Und kein Geringerer als Lothar Hensel spielte das Bandoneon – das übrigens genau wie sein Spieler ursprünglich vom Niederrhein stammt, um dann von dort, den Weg nach Buenos Aires zu finden und der Tangomusik zu dienen.
Und ähnlich einer Kaskade erreichten die leidenschaftlichen Tango-Rhythmen das Publikum, das dem feurigen Sound Piazzollas kaum widerstehen konnte. Rund 1000 Menschen hatten sich versammelt, um bei bestem Sommerwetter, den argentinischen Rhythmen zu folgen.
Gleich einem Stillleben wirkten die vielen kleinen Picknick-Arrangements, auf denen es sich die Besucher – über die ganze Rasenfläche verteilt – bei einem Glas Wein oder Wasser gemütlich gemacht hatten.


Neue Corona-Schutzverordnung macht auch Bewirtung möglich


„Das ist Spitzenklasse, tolle Musik, beste Stimmung und gute Moderation, einfach wunderbar“, begeisterten sich die beiden Zuhörerinnen Ruth Fritz und Toma Neill. Sie waren wie viele andere hierher gekommen, um das zurückgewonnene Unterhaltungserlebnis in geselliger Runde zu genießen.
Noch vor einigen Wochen sei die Veranstaltung in einem weitaus eingeschränkteren Rahmen und unter Einhaltung der 3-G-Regelung geplant gewesen, erklärte Bürgermeisterin Bettina Warnecke. Doch seit Anfang September gelte die neue Coronaschutzverordnung und die besage: Im Außenbereich dürfen sich bis zu 2500 Personen ohne Einschränkung aufhalten. Von daher galt für das Open-Air-Konzert am Sonntag: ausreichend Abstand, Maskenpflicht an den Gastronomieständen und gegenseitige Rücksichtnahme. Das waren die Maßnahmen, unter deren Einhaltung sogar ein Bewirtungskonzept möglich war: Vier regionale Gastronomen boten passende Imbisse vom Würstchen bis hin zum Eis an.
Das Orchester spielte neben den bekannten Werken, Piazzollas, wie „Oblivion“ oder „Libertango“, auch weniger populäre Kompositionen wie etwa die von Carlos Gardels „Tico-Tico no Fubá“. Dabei stand das Bandoneon meist im Vordergrund. Teils hüpfend wie kleine Kugeln, teils fließend wie Wasser aus einer Felswand erreichte die expressive Klangpracht das Ohr und löste fast durchweg Begeisterung bei den Zuhörern aus.
Auch Ursula Bick und Bernd Agethen genossen den sonnigen Nachmittag: „Es ist so schön, dass das Konzert in diesem Jahr wieder stattfinden darf“, meinte Bick. „Ein Schritt zurück in die Normalität“, schloss sie an. Doch nach eineinhalb Jahren Pandemie sei ihr beim Anblick der vielen Menschen noch immer nicht ganz wohl. Zu schnelle Lockerungen könnten im Herbst eine erneute Schließung hervorbringen. Von daher seien sie beide lieber noch etwas vorsichtig, was Massenveranstaltungen betrifft.
„Wir hatten uns von vornherein vorgenommen, nur bis zur ersten Konzerthälfte zu bleiben“, ergänzte Lebensgefährte Agethen und fügte hinzu: Für seinen Geschmack sei die Musik etwas zu „schräg“. Die Pause sei von daher der perfekte Zeitpunkt, um sich noch etwas zu Essen zu holen und sich anschließend auf den Heimweg zu machen.