Haanerin kämpft um olympische Medaille

Nadine Apetz spricht über ihre Heimat Haan, ihre Karriere als Boxerin und über ihre Promotion.

Von Sylke Jacobs
Am Mittwoch der vergangenen Woche ist die Haanerin Nadine Apetz zu den Olympischen Spielen nach Tokio abgereist. Der Haaner Treff war am 26. Juni bei einer ihrer letzten Trainingseinheiten vor der Abreise nach Tokio dabei.
Haaner Treff: Sie sind eine von 18 Boxerinnen, die sich für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert haben. Was bedeutet das für Sie?
Nadine Apetz: Auf jeden Fall ist es ein tolles Gefühl, ein Teil des deutschen Teams zu sein. Es würde mich stolz machen, wenn ich für Deutschland eine Medaille holen könnte. Der Moment, wenn man oben auf dem Treppchen steht und die Medaille in Empfang nimmt, ist überwältigend, ein unbeschreibliches Glücksgefühl.
HT: Sie haben spät mit dem Boxsport angefangen, mit 21 Jahren. Worin sehen Sie das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Apetz: In gewisser Weise ist vieles Kopfsache. Im Boxkampf zählen nicht nur Ausdauer, Fitness und Technik. Auch koordinative Fähigkeiten wie Antizipation sollten abrufbar sein. Als Boxer ist es wichtig, kommende Situation zu erahnen und blitzschnell auf Bewegungsabläufe des Gegners zu reagieren. Für jede gegnerische Aktion sollte eine Handlungsmöglichkeit bereitstehen.
HT: Sind Sie aufgeregt?
Apetz: Ich schwebe noch ein bisschen auf der Welle der Qualifikation. Die Aufregung kommt spätestens in Japan im Trainingslager. Was mich dort erwartet, ist mit einer Art „Variablen“ zu vergleichen: Viele der Mitstreiterinnen kenne ich zwar aus vorangegangenen Kämpfen – dennoch weiß ich nicht, gegen wen ich boxen werde. Der stärkste Gegner, ist aber ohnehin mein eigener Kopf! Nur wenn ich an mich glaube und mit einem guten Selbstwertgefühl in den Ring steige, kann ich gewinnen.
HT: Wie fit sind Sie?
Apetz: Die letzten 16 Monate waren ein hartes Stück Arbeit: 10 mal die Woche Training, cirka 15 Stunden, viel Schweiß und Kraft habe ich investiert. Aber ich bin fit und gut im Gewicht. 68 Kilogramm sind optimal für die Gewichtsklasse im Weltergewicht bis 69 Kilogramm.
Trainer Lukas Wilaschek: Ja, Nadine ist perfekt in Form – technisch und taktisch sehr stark. Wir haben intensiv trainiert, auch auf mentaler Ebene. Ihrem großen Ziel steht nichts mehr im Wege. Nadine ist ganz nah dran sich ihren Traum von Olympia zu erfüllen und den Weltmeistertitel im Amateurboxen zu holen.
HT: Wie sind Sie eigentlich zum Boxsport gekommen?
Apetz: Das war 2007, quasi zufällig. Während meines Biologie-Studiums an der Universität Bremen nahm ich an einer Box-AG der Uni teil. Alles andere war ein Selbstläufer. Ich hatte einfach großes Glück, eine der wenigen erfolgreichen Amateurboxerinnen in Deutschland zu sein.
HT: Könnten Sie sich vorstellen Profiboxerin zu werden?
Apetz: Der Sport erfüllt mich sehr, ich bin mit Herzblut dabei. Aber Profiboxerin? Nein, das strebe ich nicht an. Mir geht es mehr um den Sport an sich. Generell ist Profiboxen kein Siegel für gutes Boxen.
HT: Sie sind nicht nur extrem sportlich, sondern auch ziemlich schlau. Derzeit promovieren Sie im Bereich der Neurowissenschaften.
Apetz: Ja, genau. Eigentlich wollte ich 2020 meine Doktorarbeit fertiggestellt haben. Nun habe ich aber meinen großen Traum Raum gelassen als Amateurboxerin bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Danach widme ich mich verstärkt meiner wissenschaftlichen Karriere und trete sportlich langsam kürzer.
HT: Welche Rolle spielt ihre Heimatstadt Haan in ihrem Leben?
Apetz: Haan ist eine schöne Stadt, ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich bin immer mit dem Fahrrad zur Schule gefahren. Das war damals schon ein gutes Training für die Beinmuskulatur.
Zudem bin ich dort geritten und habe Tennis gespielt. Ich bin immer wieder gerne in Haan, besuche meine Familie und Freunde.
HT: Können Sie sich vorstellen noch einmal nach Haan zurückzukommen?
Apetz: Später sicherlich, doch vorerst bleibe ich erst einmal in Köln. Das Areal der Sporthochschule, auf dem auch die Trainingshalle des SC Colonia 06 Köln liegt, bietet mir alle Trainingsmöglichkeiten. syja