Kosmetikerinnen wollen eine eigene Innung

Eine ganze Branche fühlt sich in einer Innung mit Friseuren nur unzureichend vertreten.

Haan – Die Kosmetikerinnen haben es satt. „Wir haben niemanden, der für uns spricht“, stellt Ilona Turk, Kosmetikerin aus Haan, fest. Zwar sind die Kosmetiker offiziell den Friseurinnungen zugeordnet, tatsächlich aber fehle es an einer echten Vertretung. „Hinzu kommt, dass viele Menschen unseren Beruf falsch einschätzen“, sagt Ilona Turk. Nur etwa vier Prozent der Bevölkerung sei schon einmal kosmetisch behandelt worden. „Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 96 Prozent der Menschen unser Berufsbild gar nicht kennen, einschließlich der Politiker, die uns offensichtlich anders einstufen als die Friseure, die ja stellenweise sogar als systemrelevant eingeschätzt werden“, erklärt die Haanerin und ergänzt: „Wir sind kein Chichi, sondern echte Problemlöserinnen“.
Wenn nach Hygienekonzepten gefragt werde, seien es doch gerade die Kosmetikerinnen, denen dies quasi in die Wiege gelegt wurde. „Wir müssen uns einfach breiter aufstellen und Gehör verschaffen“, glaubt Turk.
Neben der Aufklärung über ihr Handwerk kämpft Ilona Turk nämlich derzeit darum, dass die Kosmetikerinnen eine eigene Innung bekommen. In anderen Städten oder Kreisen sei dies bereits vollzogen – in Bremen oder Hannover beispielsweise, in Trier und Oldenburg stehe man kurz vor der Gründung.
Ausbildungen zur Kosmetikermeisterin gebe es bereits. Das sei gut und wichtig, denn immerhin gebe es in ihrer Branche durchaus noch Qualitätsunterschiede.
Das Handwerk ist zutiefst zersplittert. Es gibt Unternehmerinnen, die ihr Wissen in einer dreijährigen dualen Ausbildung erworben und zusätzlich den Meister gemacht haben. Es gibt Selbstständige, die ein Jahr lang eine Fachschule besucht und ein weiteres Jahr ein Praktikum gemacht haben, bevor sie ihr Studio öffneten. Und es gibt Selbstständige, die nach kurzem Crashkurs – teils von der Bundesagentur für Arbeit per Bildungsgutschein gefördert – ein Studio öffnen. Jeder darf sich Kosmetiker nennen, denn der Beruf rangiert in der Handwerksrolle in der Anlage B2: ein zulassungsfreies, handwerksähnliches Gewerbe.
Diesen Zustand möchte Ilona Turk nicht länger akzeptieren. „Wir arbeiten am größten menschlichen Organ, der Haut. Ich finde schon, dass es dafür eine entsprechende Grundausbildung braucht“, sagt die Kosmetikerin.
Doch es gibt eine Vielzahl an Einzelinteressen. Etwa 30 Verbände gibt es derzeit in der Kosmetikbranche, ein neuer ist im August vergangenen Jahres hinzugekommen: Der Bundesberufsverband der KosmetikerInnen in Deutschland (BBVKD), der unter anderem fordert, dass die Ausbildung an den heutigen Stand angepasst wird.
Immer mehr Technik habe in den Kosmetikstudios Einzug gehalten, darunter Geräte, die nichtionisierende Strahlung verwenden, beispielsweise Ultraschall oder Laser.
Seit 2021 verlangt der Gesetzgeber hierfür einen eigenen Fachkundekurs, „doch das gehört von Anfang an in die Ausbildung“, fordert BBVKD-Geschäftsführer Nicolai Haase. agr