Wer noch nicht dran ist, der drängelt sich eben vor

Unsere deutsche Sprache unterliegt einem ständigen Wandel. Immer wieder tauchen neue Begriffe auf, neue Trends. Mit der Durchgenderung unserer Sprache haben wir in der Tat ein Problem, insbesondere wenn sich vor dem Hintergrund einer angeblichen Gleichberechtigung eine Gesinnungssprache etablieren will.
Da gibt es interessantere und vor allem auch weitsichtigere und innovativere Worte, die den Einlass in unseren Wortschatz finden. E-Auto zum Beispiel oder Smartphone. Andere sterben aus. Das Wort Telefonzelle könnte dazu gehören.
Ein ganz neues Wort hört man in diesen Tagen immer häufiger, und das hat in der der Tat das Potenziel zum Wort des Jahres: Es lautet Impfdrängler.
Beim Impfen gegen das Corona-Virus gibt es eigentlich eine feste Reihenfolge. Wie jetzt jedoch bekanntwird, haben sich viele Menschen, darunter Politiker und ein Bischof, bereits impfen lassen, obwohl sie noch gar nicht an der Reihe waren.
In diesen Tagen ist Kopfschütteln angesagt, wegen des unzureichenden Impfmanagements in Deutschland, das für sich genommen weitenteils mehr als nur ärgerlich ist. Vor allem aber auch wegen Menschen, die offenbar bereit sind, über Leichen zu gehen.
Die Vordrängler wissen zwar in aller Regel, dass sie angesichts der staatlich festgelegten Reihenfolge beim Impfen noch nicht an der Reihe sind, dennoch aber reklamieren sie für sich, vorrangig geimpft zu werden.
Da ist zum Beispiel der Oberbürgermeister Bernd Wiegand aus Halle, der Landrat von Peine, Franz Einhaus und der Augsburger Bischof Bertram Meier. Ausreden, wie die, dass noch ein Impfstoffrest vorhanden gewesen sei und niemand sonst hätte geimpft werden können, dürfen wir im Regelfall der Rubrik dumme Ausrede zuordnen.
Mirko Braunheim, organisatorischer Leiter des Impfzentrums in Erkrath, berichtet tatsächlich davon, dass es einige wenige Fälle gebe, in denen der Impfstoff schnell hätte verimpft werden müssen. Er versichert: „Wir haben dann die Rettungskräfte geimpft, die ebenfalls in der Prioritätsstufe 1 liegen, weil sie schnell erreichbar waren“, erklärt er dazu. Sehr gut und löblich. Und das macht durchaus Sinn und sicher wird niemand daran Anstoß nehmen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will übrigens gegen unsolidarisches Verhalten von Impfdrängler nun mit Sanktionen vorgehen. Auch gut!