Maskenpflicht endet nicht immer automatisch hinter der Schutzscheibe

Wenn der Abstand von 1,5 Metern nicht sicher eingehalten werden kann, gilt die Maskenpflicht.

Haan – Einer Leserin des Haaner Treffs war aufgefallen, dass einige Beschäftigte speziell in Bäckereien, Metzgereien und an Ständen auf dem Wochenmarkt häufig keine Maske während der Ausübung ihrer Arbeit tragen.
„Das soll nach der Corona Schutzverordnung erlaubt sein, falls es andere Schutzmaßnahmen gibt. Als andere Schutzmaßnahmen gelten diese Plastik-Schutzschilde, die über der Theke von der Decke hängen. Problem ist bei dieser Beurteilung, dass diese Schutzschilder die Waren in der Auslage direkt vor den Verkäuferinnen in keiner Weise schützen, da sie nur über der Theke hängen. So sprechen, rufen, lachen diese Mitarbeiter bis zu acht Stunden am Tag munter ohne Mundschutz über diese Lebensmittel hinweg die Kunden an, die hinter dem Schutzschild stehen. Da gelangen ja ganz schön viele Viren auf die Lebensmittel“, bemerkt Britta Reuter (Name von der Redaktion geändert). Laut Auskunft des Ordnungsamtes, bei dem sich Britta Reuter erkundigt hat, seien diese Schutzmaßnahmen zulässig.
Die entsprechenden Bestimmungen finden sich in der Corona-Schutzverordnung, in der es heißt: „Für Betriebe, Unternehmen, Behörden und andere Arbeitgeber ergeben sich für die Arbeitstätigkeit einschließlich der betrieblichen und überbetrieblichen praktischen Ausbildung die Vorgaben zum Infektionsschutz aus den Anforderungen des Arbeitsschutzes, insbesondere den Vorgaben zur Kontaktreduzierung im Betrieb, zum Angebot von Heimarbeit sowie zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bereitstellung von Masken und der Verpflichtung der Beschäftigten zum Tragen der Masken“. Und: „Im Kontakt zwischen Beschäftigten und Kundinnen, Kunden oder ihnen vergleichbaren Personen sind darüber hinaus die Regelungen dieser Verordnung zu beachten. Unabhängig von solchem Kontakt ist in geschlossenen Räumen mindestens eine Alltagsmaske nach § 3 Absatz 1 Satz 1 zu tragen unter Ausnahme des konkreten Arbeitsplatzes, sofern dort ein Abstand von 1,5 Metern zu weiteren Personen sicher eingehalten werden kann“.
Weiter unten in der Verordnung heißt es: „Die Verpflichtung (zum Tragen einer Maske) kann für Inhaber und Inhaberinnen sowie Beschäftigte durch gleich wirksame Schutzmaßnahmen (Abtrennung durch Glas, Plexiglas oder ähnlichem) ersetzt werden“.
Die Verordnung wird vom Ordnungsamt Haan so ausgelegt, dass beispielsweise eine Abtrennung zwischen Beschäftigen und Kunden von der Maskenpflicht befreit, auch wenn sich die Wege der Mitarbeiter hinter der Theke hin und wieder hinter dem Rücken kreuzen.
Eine Anfrage unserer Redaktion beim zuständigen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) ergab jedoch, dass dies nicht automatisch der Fall ist: Tatsächlich bestehe nach der CoronaSchVO eine Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske in geschlossenen Räumlichkeiten von zur Zeit zulässigen (Lebensmittel-)-Geschäften grundsätzlich für alle Anwesenden, also für Kundinnen und Kunden ebenso wie für Inhaber und Beschäftigte. Abgesehen von den besonderen Ausnahmen – unter anderem medizinische Gründe oder Kinder bis zum Schuleintritt – kann diese Verpflichtung aber nur für Inhaber und Inhaberinnen sowie Beschäftigte durch gleich wirksame Schutzmaßnahmen (beispielsweise eine Abtrennung durch Glas oder Plexiglas) ersetzt werden.
Für die Inhaber und Mitarbeiter hinter den Plexiglasscheiben zum Beispiel beim Bäcker oder Metzger gelten aber weiterhin die übrigen Vorschriften der Schutzverordnung.
„Das bedeutet auch, dass bei ersatzweisen Schutzmaßnahmen wie einer Plexiglasscheibe, die Beschäftigte von Kunden trennt, dahinter die Beachtung des Abstandsgebotes zwischen den Beschäftigten weiterhin gilt. Sofern dort ein Abstand von 1,5 Metern zu weiteren Personen nicht sicher eingehalten werden kann, besteht also auch weiterhin eine Pflicht zum Tragen der Maske“, klärt Miriam Skroblies vom MAGS auf.
Michael Rennert vom Haaner Ordnungsamt sieht hier in der Tat auch Konflikte mit den Arbeitschutzverordnungen. „Da können und dürfen wir als Ordnungsamt gar nicht tätig werden“, erklärt Rennert.
Bis dato seien ihm Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen seitens der Beschicker des Marktes nicht bekannt geworden, er werde allerdings mit seinen Mitarbeitern, die für den Wochenmarkt zuständig sind, die Auslegung des MAGS besprechen. agr

Infos
Es gibt derzeit keine Fälle, bei denen nachgewiesen ist, dass sich Menschen über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel mit dem neuartigen Coronavirus infiziert haben. Auch für eine Übertragung des Virus durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen oder über kontaminierte Oberflächen, wodurch nachfolgend Infektionen beim Menschen aufgetreten wären, gibt es derzeit keine belastbaren Belege. Allerdings können Schmierinfektionen über Oberflächen nicht ausgeschlossen werden, die zuvor mit Viren kontaminiert wurden.
Obwohl eine Übertragung des Virus über kontaminierte Lebensmittel oder importierte Produkte unwahrscheinlich ist, sollten beim Umgang mit diesen die allgemeinen Regeln der Hygiene des Alltags wie regelmäßiges Händewaschen und die Hygieneregeln bei der Zubereitung von Lebensmitteln beachtet werden. Coronaviren können sich in Lebensmitteln nicht vermehren; sie benötigen dazu einen lebenden tierischen oder menschlichen Wirt. Da die Viren hitzeempfindlich sind, kann das Infektionsrisiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln zusätzlich weiter verringert werden. Kosmetische Mittel wie Lippenstifte oder Make-up sollten nicht mit mehreren Personen gemeinsam verwendet werden und Cremes aus geöffneten Tiegeln nur mit gründlich gewaschenen Händen oder einem sauberen Spatel entnommen werden.