Grenzenloses Gottvertrauen oder schlichte Ignoranz?

Da hat der Leiter des Robert-Koch-Instituts, Professor Dr. Lothar Wieler, noch nicht ganz die dramatische Pandemielage zum jetzigen Zeitpunkt zu Ende geschildert und zu noch strengerer Einhaltung der Kontaktbeschränkungen aufgerufen, ja sogar noch vor einer Verschärfung der Situation gewarnt und eine kontrollierbare Lage nicht vor Ende des noch jungfräulichen Jahres 2021 prognostiziert, und schon leitet die katholische Kirchengemeinde Haan erste Maßnahmen ein: Die Heiligen Messen werden seit vergangener Woche wieder in den Kirchen gefeiert! Lesen Sie dazu auch unsere Meldung auf Seite 11.
Was ist das? Grenzenloses Gottvertrauen, Aufruf zum kollektiven Todesmut, vorsätzliche Körperverletzung oder einfach nur Dummheit und Ignoranz? Wir sind jedenfalls einfach nur fassungslos und haben darum entschieden, in der oben erwähnten Meldung auf jedwede Weitergabe von Kontakt- und Anmeldedaten zu verzichten. Wir möchten nicht Teil eines solchen Harakiri-Kommandos sein.
Vielleicht ist es aber nur das Fehlen von Alternativen in der katholischen Kirche, denn während sich mittlerweile alle anderen Gemeinden in Haan digital weitergebildet haben und wöchentlich Online-Gottesdienste anbieten – selbst in Gruiten gibt es inzwischen Sofa-Gottesdienste, und das ist nicht respektierlich gemeint – kann die katholische Kirchengemeinde mit gerade mal einem derartigen Angebot aufwarten: am Heiligen Abend wurde die Messe aus der Pfarrkirche in Haan auf YouTube gestreamt. Gut aus der St. Jacobus Kirche Hilden wurde sonntags auf YouTube gestreamt, aber auch das gehört wohl nun der Vergangenheit an. Wenigsten haben die Verantwortlichen wenige Stunden vor dem Heiligen Abend die geplanten Präsenz-Weihnachtsgottesdienste abgesagt. Schon zu diesem Zeitpunkt konnte man den Eindruck gewinnen, dass mehr als die Angst vor Infektion die Angst vor dem Verlust des Einflusses auf die braven Schäfchen das Handeln bestimmte, aber immerhin!
Während die Protestanten – in ihrer historisch bewährten charmanten Art – moderne Medien nutzen, um ihren Glauben zu verbreiten, glänzt die katholische Kirchengemeinde mit dem Angebot die heilige Kommunion zu Hause zu empfangen. Wie das genau vonstatten geht, möchte man sich gar nicht vorstellen.
Während Pfadfinder, Sportler, Kinofreunde und sonstige Interessensgemeinschaften mittlerweile Wege und Mittel gefunden haben, sich online auszutauschen und zu treffen, werden die gläubigen Katholiken in Haan und Hilden in die Kirchen geführt wie die Lämmer zum Opfertisch.
Immerhin haben die Katholiken ja einen hervorragenden und prominenten Vorturner in der zweifelhaften aber bereits Jahrhunderte alten Sportart „Verdrängungswettbewerb“: Kardinal Rainer Maria Woelki hat sich unlängst bei den gläubigen Katholiken dafür entschuldigt, dass sie die Kritik an ihm im Zusammenhang mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche „ertragen mussten“. Die Opfer selbst allerdings warten auf eine Entschuldigung bis heute vergeblich – so ist das eben, und das dumme Lämmchen geht so lange zum Opferstock bis es (zer-)bricht!