Wenn das Virus Urlaub macht, dann ist endlich Weihnachten

Professor Dr. Gernot Marx, Sprecher des Arbeitskreises Intensivmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und künftiger Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), sagt: „Wir sind in einer absoluten Ausnahmesituation, die wir in der Geschichte der Intensivmedizin so noch nie erlebt haben und bis an die Grenzen des Machbaren gefordert.“ Pro Krankenhaus seien im Schnitt deutschlandweit jetzt nur noch drei Intensivbetten frei.
Die letzte pandemische Lage ist gerade mal 100 Jahre her. Zwischen 1918 und 1920 hat sich die Spanische Grippe – die eigentlich in den USA ausgebrochen ist – in drei Wellen weltweit verbreitet und bei einer Weltbevölkerung von damals etwa 1,8 Milliarden laut WHO zwischen 20 Millionen und 50 Millionen Menschenleben gefordert. Andere Schätzungen gehen sogar von 100 Millionen Toten aus. Eine Studie aus dem Jahr 2007 dazu ist heute wieder interessant, denn sie zeigt auf, wie wichtig es sein kann, so schnell wie möglich umfassende Maßnahmen einzuleiten, damit sich möglichst wenige Menschen mit einem neuen Virus infizieren. In New York wurden 1918 beispielsweise Schulen geschlossen, Quarantänen und umfassende Ausgehverbote verhängt. Häuser, in denen Quarantäne herrschte, wurden von außen deutlich sichtbar markiert. Die Botschaft lautete: Halte dich fern!
Das Ergebnis: Im Gegensatz zu Pittsburg, wo die Verantwortlichen erst viel später Gegenmaßnahmen ergriffen, hatte New York „nur“ die Hälfte an Sterbefällen zu verzeichnen. „Haltet Abstand, auch an Weihnachten“ möchten wir Ihnen als Fazit der Erfahrungen mit der Spanischen Grippe mit auf den Weg geben. Auch wenn gemütliches Beisammensein rund um die Feier- und Ferientage erlaubt ist: Das Virus macht ganz sicher keinen Urlaub zwischen Weihnachten und Neujahr. Masken- und Abstandspflicht sollten auch diejenigen beherzigen, die glauben sie seien unsterblich: andere sind es nämlich nicht!