Grundrechte einfordern ja, aber nicht auf Kosten anderer

Es ist ja ganz erstaunlich, wie genau es die Menschen in diesen Tagen mit ihren Grundrechten nehmen. Die zahlreichen Demonstranten in der vergangenen Woche beispielsweise in Leipzig, Regensburg oder Berlin. Interessant ist auch, dass, obwohl die Menschen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit -freilich unter der Auflage die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten – wahrnehmen, genau dieses zum Anlass nahmen, sie einzufordern, die Grundrechte.
„Ich will selber entscheiden, ob ich mich infizieren möchte oder nicht“, sagte etwa eine junge Frau, die gar nicht so dumm aussah, wie der Satz war, den sie da von sich gab. Aber das sei mal dahingestellt. Wir haben jedenfalls mal ganz genau nachgeschaut im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und wir dürfen Ihnen versichern: Von einer Freiheit auf Infektion oder Nichtinfektion haben wir dort auch nach mehrmaligem Durchblättern nichts, aber auch gar nichts gefunden.
Wohl aber dies: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“. (Artikel 2, Absatz 2 GG).
Und im Absatz 1 dieses Artikel steht: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
Wenn wir uns jetzt noch mal die elementare Aussage der jungen Demonstrantin anschauen, dann verstößt die Dame genau genommen mit ihren Forderungen gegen was? Ja genau, gegen Grundrechte, die sie angeblich zurückfordert. Denn der Frau mag es ja egal sein, ob sie krank wird oder nicht, mit einer Infektion aber andere zu gefährden, verletzt das Grundrecht der anderen, nämlich das auf körperliche Unversehrtheit. Das ist ganz schön egoistisch, oder nicht? Jedenfalls ist es die Pflicht des Staates, dass beispielsweise das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingehalten werden kann. So legitimieren sich Gesundheitsämter und auch der Gesundheitsminister. Und das ist gut so.
Überhaupt tummelten sich auf diesen Demonstrationen jede Menge obskurer Gestalten: Verschwörungstheoretiker, Esoteriker, Corona-Leugner, Impfgegner und auch Hooligans. Bei letzteren könnte man noch ein wenig Verständnis aufbringen, denn seit die Bundesliga pausiert und zunächst einmal Geisterspiele geplant sind, leidet diese Spezies wahrscheinlich unter Entzugserscheinungen und sucht sich nun andere Schauplätze.
Wenn aber jetzt auf den Straßen wieder vermehrt Rechtsradikale auftauchen unter dem Deckmäntelchen von Anti-Corona-Demonstrationen, könnten bald noch ganz andere Problemfälle auftauchen als die Dame, die ein Recht auf Infektion einfordert.