Bürgermeisterin: „Wir dürfen nicht in Panik verfallen“

Haans erste Bürgerin Bettina Warnecke wendet sich an die Haanerinnen und Haaner.

Haan – Liebe Leserinnen und Leser des Haaner Treff, wir befinden uns mitten in einer weltweiten Epidemie. Der Corona-Virus breitet sich in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen und auch bei uns in Haan weiter aus.
Nach dem aktuellen Stand des Kreisgesundheitsamtes von Montag, 23. März, 15 Uhr, gibt es derzeit 26 Erkrankungsfälle in Haan, insgesamt 202 Erkrankungsfälle und 301 Verdachtsfälle im Kreisgebiet.
Leider ist auch ein erster Todesfall zu beklagen. Ein über 80 Jahre alter Haaner Bürger, der durch eine mehrjährige Lungenerkrankung vorbelastet war, ist leider an den Folgen des Virus am vergangenen Freitag verstorben. Seinen Angehörigen habe ich mein Beileid ausgesprochen.
Als Mutter dreier Söhne im Grundschulalter und mit einem Vater, der knapp 80 Jahre alt ist, weiß ich, was Familien im Moment bewegt. Sie machen sich Sorgen: Sorgen um das Infektionsrisiko, die Betreuung ihrer Kinder ohne Kita und Schule. Sorgen, dass die Großeltern angesteckt werden.
Gemeinsam müssen wir das übergeordnete Ziel im Auge behalten: die Eindämmung des Virus. Wir müssen die Ausbreitung verlangsamen, damit insbesondere Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen geschützt werden und die medizinische Versorgung im Falle ihrer Erkrankung erhalten, die sie benötigen. Ihre Gesundheit steht für uns im Fokus aller städtischer Entscheidungen.
Deswegen ist es notwendig, entschieden zu handeln. Bereits am Freitagabend haben wir in Haan ein Ansammlungsverbot eingeführt, zwei Tage, bevor die Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder sich ebenfalls auf ein solches verständigten.
Wir haben als Stadt unsere Handlungsspielräume genutzt, angelehnt an die infektionshygienisch gebotene Einschätzung durch das Kreisgesundheitsamt und wir lagen mit dieser Entscheidung am Freitagabend richtig. Zu groß ist die Gefahr, dass durch fehlende Distanz einzelner andere Menschen gefährdet werden.
Meine Kollegen aus den Nachbarkommunen des Kreises Mettmann und ich begrüßen, dass die bereits in unseren Städten geltenden Regelungen nun aufgrund der Einigung zwischen den Regierungschefs von Bund und Ländern weitestgehend in ganz Deutschland in Kraft gesetzt sind. Im Interesse einer verständlichen und einheitlichen Rechtslage haben wir nun die örtlichen Allgemeinverfügungen aufgehoben.
Die jetzt bestehende bundesweite Regelung wird von uns allen eine Menge abverlangen. Und das weit über die Einschränkung von persönlichen Lebensgewohnheiten hinaus. Hierfür gilt: Je konsequenter wir jetzt alle handeln, desto eher werden die Maßnahmen Erfolg zeigen!
Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Haan bereits sehr früh alle städtischen Veranstaltungen zunächst bis Ende April abgesagt. Geschlossen bleiben das Hallenbad, das Jugendhaus, die Bücherei und alle Sportstätten (Sporthallen und Sportplätze). Die Musikschule e.V. und die VHS haben ihren Lehrbetrieb ebenfalls eingestellt. Auch private Veranstaltungen wurden abgesagt. Unsere Stadtverwaltung hat, um Sie und uns zu schützen, den offenen Kundenbetrieb eingestellt.
Liebe Haanerinnen und Haaner, ich bitte Sie, nur noch wirklich unaufschiebbare Angelegenheiten im Rathaus zu erledigen. Termine werden nur noch telefonisch und nach Rücksprache vergeben. Zusätzlich haben wir ein Bürgertelefon eingerichtet. Unter der Telefonnummer 02129/911500 sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung von montags bis freitags von 8 bis 15.30 Uhr für Sie da.
Unter der Federführung des Seniorenbeirates der Stadt Haan und der AWO Haan wurde in der letzten Woche mit Hochdruck an einer Einkaufshilfe für ältere Personen und Personen mit Vorerkrankungen gearbeitet. Es war beeindruckend, wie viele Institutionen, Vereine und Initiativen sich in kürzester Zeit zusammengefunden haben, um hier eine schnelle Hilfe anzubieten. Dazu hat die Bürgerstiftung einen Fonds von 5.000 Euro zur Verfügung gestellt. Unter der Telefonnummer der AWO Haan, 02129/2550 können sich alle Betroffenen melden. Weitere Informationen sind auf der Website der AWO unter www.awo-haan.de zusammengestellt.
Auch in Gruiten gibt es unter der Telefonnummer 0171/9746499 ein HILFE TELEFON, das täglich von 10 bis 12 Uhr und von 15. bis 17 Uhr erreichbar ist. Organisiert hat dies der BVV Gruiten mit Unterstützung durch die Kirchengemeinden und der AWO Gruiten, SUPERNAH, der Gruitener Apotheke und der Bürgerstiftung Haan-Gruiten. Alle Beteiligten bieten ihre Hilfe sehr gerne an und warten auf die Anrufe.
Ich begrüße die Entscheidung der Landesregierung, in ganz NRW alle Schulen bis zum Ende der Osterferien zu schließen. Inzwischen haben wir in Schulen, Kitas und Kindertagespflegeeinrichtungen eine kleinteilige Notbetreuung eingerichtet. Auch hier gilt als erste Prämisse, dass die Kinder, wenn irgend möglich, zu Hause bleiben.
Die Notbetreuung soll Kindern von Eltern aus systemrelevanten Berufen vorbehalten sein. Dazu gehören Ärztinnen und Ärzte, Pflegepersonal und weiteres Personal, das notwendig ist, um intensivpflichtige Menschen zu behandeln, sowie Eltern, die in Bereichen der öffentlichen Ordnung oder anderer wichtiger Infrastruktur arbeiten. Die Umsetzung hat hervorragend geklappt und die Rückmeldungen aus den Einrichtungen ist sehr positiv. Dafür meinen herzlichen Dank an die Eltern!
Neben der Frage, wie die Betreuung geregelt werden soll, steht auch die Frage der Kosten im Raum, da einige durch die Coronakrise auch um ihre Existenz fürchten müssen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Stadt Haan entschlossen, die Abbuchung der Kita- und OGS-Gebühren (Elternbeiträge sowohl für städtische als auch für trägerschaftliche Einrichtungen) sowie der Essensbeiträge in ihren eigenen Einrichtungen für die Eltern, die keine Leistung in Anspruch nehmen können ab dem 5. April vorerst bis auf weiteres zu stoppen. Die Essensbeiträge in nicht städtischen Einrichtungen regeln die jeweiligen Träger. Eltern, die die Beiträge nicht abbuchen lassen, brauchen keine Mahnung zu fürchten, wenn sie nicht zahlen. Das Land hat zwar angekündigt, sich mit dem Thema zu befassen, doch wann eine Regelung zum Tragen kommt, ist momentan nicht absehbar. Bis dahin wird die Stadt Haan unbürokratisch helfen.
Zu den gesundheitlichen und den gesellschaftlichen Folgen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, wird es auch starke und noch nicht absehbare Auswirkungen für die Wirtschaft geben. Die Wirtschaftsförderung hat daher umfängliche Informationen für Unternehmen, Einzelhandel und Gastronomie sowie Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler auf der Website der Stadt Haan unter www.haan.de/wirtschaft zusammengestellt.
Uns ist bewusst, dass durch die angeordneten Restriktionen viele Gewerbetreibende in erhebliche finanzielle Not geraten werden und es bis zur Gewährung von staatlichen Hilfen unter Umständen noch einige Zeit dauern kann. Die Stadt Haan wird daher ab sofort bei Anträgen auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Gewerbesteuer ab dem 2. Quartal 2020 (Zahltermin 15. Mai) ihren Ermessens- und Entscheidungsspielraum zugunsten der Betroffenen unbürokratisch auszunutzen.
Auch bei Stundungsanträgen zu bereits festgesetzten und fälligen Gewerbesteuern soll großzügig verfahren werden. Die Stundung soll dabei zunächst bis zum Jahresende 2020 zinslos erfolgen. Alle Informationen dazu finden Betroffene auf der Website der Stadt Haan.
All diese Entscheidungen stellen unser normales, gewohntes Leben auf den Kopf. In allen Telefonaten mit betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen, Veranstaltern und Vereinen war aber eine große Solidarität spürbar. Ich finde es beeindruckend, wie die Haanerinnen und Haaner mit anpacken und das öffentliche Leben – so weit es vernünftig ist – aufrechterhalten.
Dazu gehören auch die Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung. Seit drei Wochen tagt der Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) der Stadt Haan beinahe täglich und das auch am Wochenende. Auch in Kirchengemeinden, Vereinen und Hilfsorganisationen sind Menschen rund um die Uhr tätig, um sich und uns auf die neue Lage einzustellen. Dafür danke ich allen sehr herzlich!
Aktuell gehe ich davon aus, dass die Ratssitzung am Dienstag, 31. März, mit stark verkürzter Tagesordnung stattfinden wird. Ich habe vorgeschlagen, dass je Fraktion nur ein(e) Vertreter(in) teilnimmt und die Abstimmungen nach dem Prinzip der „Soll-Stärken“ vonstatten gehen. Hierdurch wird die Kräfteverteilung im Rat gewahrt. Die Haanerinnen und Haaner müssen sich auf die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Politik und Verwaltung verlassen können. Alle anderen Ausschüsse wurden im Einvernehmen mit dem Fraktionsvorsitzendenausschuss bereits abgesagt.
Liebe Haanerinnen und Haaner, es ist eine außergewöhnliche Situation, eine Situation in der wir nicht in Panik verfallen dürfen, sondern mit kühlem Kopf unser Verhalten zum eigenen Schutz und zum Wohl der besonders gefährdeten Menschen anpassen. Die Bürgerinnen und Bürger aus Haan und Gruiten stehen auch in dieser schwierigen Zeit zusammen. Passen Sie bitte auch sich und andere auf. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie gesund bleiben!
Ihre Bettina Warnecke